0
Trüby liest

Trüby liest: Bücher zum Fall „Albert Speer“

von Stephan Trüby

Nach wie vor provoziert der Fall „Albert Speer“ größte Neugierde unter Forschenden – und dies obwohl in den letzten Jahrzehnten bereits Unmengen von Forschungsliteratur über den Lieblingsarchitekten Adolf Hitlers und – ab 1942 – NS-Reichsminister für Bewaffnung und Munition entstanden sind. Doch überrascherweise sind hierbei viele Fragen – darunter auch ganz grundlegende – offen geblieben. Etwa: Welche Architektur- und Städtebauprojekte können denn nun Speer zugerechnet werden, welche nicht? Inwiefern war er ein Kriegsverbrecher, und ab wann konnten Interessierte das wissen? Wie war es möglich, dass Speer eine Nachkriegskarriere als eine Art Nazi von nobler Gestalt machen konnte, und zwar nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch international? Diese Fragen lassen sich mit einigen jüngst bzw. in den letzten Jahren erschienen Publikationen recht eindeutig beantworten: mit Sebastian Teschs Albert Speer (1905–1981) (2016), mit Isabell Trommers Rechtfertigung und Entlastung – Albert Speer in der Bundesrepublik (2016), mit Magnus Brechtkens Albert Speer: Eine deutsche Karriere (2017), mit Wolfgang Schroeters Albert Speer – Aufstieg und Fall eines Mythos (2019) und auch mit Frederike Lauschs Buch Faschismus und Architektur – Max Bächers Auseinandersetzung mit Albert Speer (2021). Gerahmt sei die genauere Betrachtung dieser fünf Druckerzeugnisse von einer Auseinandersetzung mit zwei weiteren Publikationen von ausdrücklich theoretischer Orientierung, nämlich mit Léon Kriers erstmals 1985 erschienenem und 2013 wiederaufgelegtem Buch Albert Speer – Architecture 1932–1942 sowie mit der ARCH+ 219 Klaus Heinrich: Dahlemer Vorlesungen – Karl Friedrich Schinkel / Albert Speer – Eine architektonische Auseinandersetzung mit dem NS (2015). Während Erstere breit rezensiert wurde (und damit zum globalen Faszinosum „Speer“ einen beträchtlichen Teil beigetragen hat), ist Letztere in der (kunst-)historischen Fachforschung bislang weitgehend unrezipiert geblieben; und das, obwohl man darin den bis dato wohl theoretisch avanciertesten Zugang zu Speer als ultimativ gewaltbereite Kombination aus Künstler-Architekt und Politiker erblicken muss.

Die im Folgenden entlang (vor allem) dieser Publikationen entfaltete Diskursrekonstruktion macht deutlich, dass sich in den letzten Jahren eine Akzentverschiebung innerhalb der Speer-Forschung vollzogen hat: weg von der Person Speers im Kontext des Nationalsozialismus, hin zu jenem Verklärungskontext von Personen in der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus, der ihm in den Jahren nach 1966, also nach seiner Freilassung aus dem Spandauer Gefängnis, ein zweites Leben mit beachtlichem Komfort ermöglichten (oder ihn dabei zumindest nicht allzu sehr behelligten). In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Bücher von Trommer, Brechtken und Schroeter, aber auch jenes von Lausch zu sehen. In Anspielung auf Heinrich Breloers dreiteiliges Filmdoku-Drama Speer und Er (2005), das das Speer-verharmlosende erinnerungspolitische Klima der Bundesrepublik bis ins frühe 21. Jahrhundert hinein äußerst breitenwirksam problematisierte, könnte man von einer Speer-und-Er-Publizistik sprechen: Der Architekt, NS-Führer und Publizist wird in diesen Publikationen streckenweise gleichsam „über Bande“ gespielt: Das Phänomen „Speer“ findet dabei in den Konturen Anderer zur Façon.

Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3

Dieser jüngere Shift weg von einer – systemtheoretisch gesprochen – Beobachtung (Speers) hin zu einer Beobachtung der Beobachtung muss vor dem Hintergrund einer bald nach der Freilassung virulenten Speer-Publizistik verstanden werden, die einen deutlichen Zug in Richtung eines „Untotenkultes“ entwickelte. Betrieben wurde dieser auch und vor allem vom konservativen Publizisten und Geschäftsführer (von 1967 bis 1979) des Ullstein-Verlages, Wolf Jobst Siedler, und dem von ihm beauftragten Lektor Joachim C. Fest – dem späteren FAZ-Herausgeber. Aus der Kooperation dieses Trios resultierte ein publizistischer Dreifachschlag vornehmlich in deutscher Sprache, beginnend 1969 mit Speers Erinnerungen (die 1969 und 1970 den ersten Platz der Spiegel-Bestseller-Liste belegten und 1970 unter dem Titel Inside the Third Reich auch ins Englische übersetzt wurden), gefolgt 1975 von den Spandauer Tagebüchern (die ebenfalls den ersten Platz der Spiegel-Bestsellerliste in den Jahren 1975 und 1976 belegten und 1975 unter dem Titel Spandau – The Secret Diaries ins Englische übersetzt wurden) und schließlich – 1978 – vom großformatigen Propyläen-Prachtband Architektur – Arbeiten 1933–1942 [Abb. 1-3], der unübersetzt blieb. Darin finden sich zwischen einem (von Kurt Weidemann entworfenen) schwarz-weiß-roten Schutzumschlag neben Einordnungen distinguierter Kunsthistoriker wie Karl Arndt, dem Ordinarius für Kunstgeschichte an der Universität Göttingen, Georg Friedrich Koch, dem Professor für Kunstgeschichte an der TH Darmstadt, und Lars Olof Larsson, dem Leiter des Kunsthistorischen Institutes der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (und Schwiegersohn von Speers Mitarbeiter Hans Stephan1) auch ein widersprüchliches Vorwort von Speer, in dem er einerseits reumütig zugibt, dass der „Überwältigungscharakter meiner Architektur“2 exakt „Hitlers Macht- und Unterwerfungswillen“3 entspricht, andererseits aber im eigenen Werk rückblickend eine unpolitische „Freude am Großen“4 erblickt: „Die gleiche Freude, die einstmals die sieben Weltwunder nicht nach ästhetischen Werten, sondern nach Übergrößen auswählen ließ.“5 Das Vorwort schließt mit der Eigenzuschreibung eines Grandiositäts-versessenen Kunstwollens, das nicht hat sein sollen: „Dieser Band hier, eine Handvoll Fotos, Skizzen, Modelle, ist alles, was geblieben ist von einem Bauverlangen, das seinesgleichen nicht in der neueren Geschichte kennt.“6 Speer dankt es seinen willigen Helfern Siedler und Fest auch mit Kunst aus der Hand des „Führers“: Bereits 1969, anlässlich der Fertigstellung der Erinnerungen, hatte Speer den beiden je eine Originalskizze Hitlers geschenkt – Fest erhielt eine Zeichnung der für Berlin geplanten „Großen Halle“, Siedler eine zum ebenfalls dort geplanten Triumphbogen. Später folgte für Fest als weiteres Dankeschön noch ein zweiter „Original-Hitler“ – diesmal ein Aquarell aus den Wiener Jahren –, und an Siedler erging immerhin noch ein Empire-Schreibtisch.7

Abb. 4
Abb. 5: Sternenhimmel über der Großen Halle aus: Léon Krier: Albert Speer – Architecture 1932–1942, New York 2013, S. 62 f. / Foto: ARCH+
Abb. 6: Innenraum der Großen Halle aus: Albert Speer: Architektur – Arbeiten 1933–1942, Frankfurt a. M./Berlin 1978, S. 78 / Foto: ARCH+
Abb. 7: Innenraum der Großen Halle aus: Léon Krier: Albert Speer – Architecture 1932–1942, New York 2013, S. 74 / Foto: ARCH+
Abb. 8
Abb. 9

Sehnsucht nach Erhabenheit: Léon Kriers Albert Speer – Architecture 1932–1942 (1985)

Der von Siedler verlegte Prachtband über die Architektur Albert Speers weckte kurz nach Erscheinen auch das Interesse des damals 32-jährigen luxemburgischen Architekten Léon Krier. Noch im selben Jahr traf sich Speer mit dem trotz seines jungen Alters bereits international bekannten Traditionalisten8 – woraus sich eine mehrjährige Kooperation entwickelte, die 1985 – vier Jahre nach Speers Tod – mit der Publikation von Kriers Buch Albert Speer – Architecture 1932–1942 in französischer und englischer Sprache ihr Ziel erreichte [Abb. 4].9 Das Werk ist auf gleich mehrfache Weise ein Skandalon, und dass Krier Speers Vorwort aus dem Propyläen-Band von 1978 übersetzt so einfügte, dass er den Eindruck erweckte, der nationalsozialistische Architekt und Politiker habe den Text im Original für sein Buch geschrieben,10 ist noch das kleinste.11 Gewichtiger erscheint da der verherrlichende, zumeist großformatige und auf edle Erscheinung getrimmte Bildapparat. Denn Krier druckt hier nicht nur einfach präexistente Fotografien aus der Zeit des Nationalsozialismus ab, sondern bearbeitet sie in gleich mehreren Fällen so, dass ihre Suggestivkraft noch gesteigert wird. Deutlich wird dies etwa bei der Collage zweier Modellfotografien des so genannten „Großen Platzes“ mit Kuppelhalle und angrenzendem Palast Hitlers, die Krier mit einem an Schinkels Zauberflöten-Bühnenbild gemahnenden Sternenhimmel kombinierte [Abb. 5].12 Ein ähnliches Verfahren wird auch bei der Bearbeitung einer Fotografie des Kuppelinnenraummodells deutlich, wo Krier den in der Originalfotografie noch wie leergefegt wirkenden Fußboden mit einer Massenszene versah: „alles Italiener“, bekannte einmal Krier amüsiert mit Blick auf das einmontierte Publikum einer Mussolini-Rede:13 „Dieses Bild wird viel publiziert, aber ohne Hinweis auf mein Buch.“14 Dass er dem Bild auch noch zwei propagandistisch optimierte Schattenwürfe hinzufügte – im Hintergrund der Rednertribüne findet sich durch die Bearbeitung ein an einen Hitlerscheitel erinnernden Rundschatten, und der Schattenwurf einer Adlerschwinge formt sich zu einem Hitlergruß, welcher zugleich einen Kieferschwung andeutet –, streitet der Architekt ab: Die gespenstischen Schattenwürfe in der Nische fänden sich, so Krier, in einem noch unpublizierten Original-Modellbild, das in einem großen Plastiksack lag, welchen Speer kurz vor seinem Tod dem jungen Besucher in die Hand drückte [Abb. 6–7].15

Kriers Speer-Verherrlichung wird freilich nicht nur auf Bild-, sondern insbesondere auch auf Textebene betrieben – allem voran in dem Krier-Aufsatz „Eine Architektur der Sehnsucht“, der 1987 auch auf Deutsch erscheint, und zwar in der Bauwelt-Ausgabe 28/29 mit dem Titel Die große Speerfeier des Léon Krier [Abb. 8]. Darin stellt Krier Speer als „berühmteste[n] Architekt[en] des 20. Jahrhunderts“16 vor, dem nur eines vorzuwerfen sei, nämlich im Jahre 1942 – in diesem Jahr endet für Krier auch die Loyalität zu Speer – seine Künstlerseele an die industrielle Massengesellschaft verraten zu haben: „Dieser Mann […], der seinen Schülern […] die ungeheure Bedeutung Tessenows vermittelte, ging nun daran, sein beachtliches Talent dazu zu benutzen, mit totaler Unterstützung des Führers einen systematischen Plan zur Normierung und Rationalisierung der gesamten deutschen Bauindustrie und des Handels zu entwerfen.“17 Krier verteidigt in dem Aufsatz auch das „genial[e] Programm“ des antisemitischen Wirtschaftswissenschaftlers und Zinskritikers Gottfried Feder, der 1939 seine Kleinstadt-Apologie Die neue Stadt18 vorlegte – und macht immer wieder deutlich, dass für ihn die zentrale Verhängnisstruktur des Nationalsozialismus nicht etwa in seiner Eliminationsbereitschaft von selektierten Menschengruppen angelegt sei, sondern in dessen entortendem Maschinenglauben. Dieser habe es ermöglicht, „dass alle Beteiligten dem totalitären Regime der Industrietechnologie unterworfen wurden“.19 Krier wörtlich: „Auschwitz-Birkenau und Los Angeles haben dieselben Eltern, sie sind die Vergegenständlichung der gesellschaftlichen Ortlosigkeit und des Unvermögens, der menschlichen Arbeit und dem allgemeinen Wohlstand würdige und angenehme Formen zu geben.“20 Es passt ins Bild dieser Verschiebung, die de facto einer Holocaust-Relativierung gleichkommt, dass Krier in seinem Aufsatz spekulativ US-Verbrechen an Nazis im Rahmen des Morgenthau-Plans antizipiert und die „Entnazifizierung“ als „ein äußerst diskriminierendes Unterfangen“ beschreibt.21 Der industriellen Welt entgegen setzt der Luxemburger die Welt der klassischen Architektur, die „[g]anz im Gegensatz zu dem, was man uns weismachen will“, sich nicht „zur Ausführung von Gewaltherrschaft“22 eigne. Krier weiter: „Die Klassische Architektur war […] im Gegenteil immer die zivilisierte und wohlanständige Seite eines Lügenimperiums. Sie war dessen ethische und ästhetische Fassade. Aufgrund ihrer inneren Gesetzlichkeit ist die Klassische Architektur nicht fähig, Terror auszuüben. Die Pracht, Eleganz und Solidität dieser Monumente war niemals als Abschreckung gedacht, ganz im Gegenteil. Sie sollten Begeisterung entfachen, verführen und beeindrucken, die Massen überwältigen, Schutz bieten und letztendlich die betörten Seelen über die endgültigen Absichten des Industrie- und Militärsystems täuschen.“23 Damit ist bereits auch die „Sehnsucht“ angedeutet, die hinter Kriers scheinbarem Plädoyer für kleinstädtische und vormoderne Strukturen lauert: nämlich die Sehnsucht nach einer Architektur, die „monumental, großartig und erhaben, imposant und bestechend, mütterlich und männlich“ ist.24 Die „eine ungeheuer[lich] reinigende Kraft“ hat.25

Eingeführt wird der Bauwelt-Auftritt von Kriers „Architektur der Sehnsucht“-Text durch ein Editorial, in dem der damalige Chefredakteur Ulrich Conrads schreibt: „Der Speer-Guru soll das decouvrierende Wort haben, ehe unser heller Zorn über diese Restauration in bloße Trauer umschlägt, ehe der Widerstand gegen den neu-nationalistischen Waschzwang, der uns allerorten wiederum Kulte und Denkmäler zu bescheren droht, in Resignation umschlägt. Léon Krier soll das Wort haben, damit wir Antworten geben werden können.“26 Doch weder Trauer noch Resignation findet sich in den kritischen Begleittexten, sondern vielmehr blanke Wut über Krier – etwa bei Peter Neitzke,27 der zornbebend fragt: „Wie lässt sich der für den deutschen Faschismus logische Zusammenhang zwischen einer als klassisch (mithin als antiindustriell) gefeierten Architektur und dem fabrikmäßig organisierten Massenmord übersehen oder auch nur vernachlässigen? Lassen sich die Bilder des Buches über Speers Architektur ohne die Assoziationen des Grauens betrachten, das Millionen in den Lagern zuteil wurde?“28 Neitzke schließt mit einer Parallelisierung der Lebensabende von Primo Levi und Albert Speer, „der mit seinen autobiografischen Schriften zur Entlastung des Nazismus wie seiner selbst beitrug, gesellschaftlich geachtet, wird er in Frieden mit sich gestorben sein.“29 Ganz im Gegensatz zum italienischen Juden Primo Levi, der Ende 1943 nach Auschwitz deportiert, im Januar 1945 von russischen Truppen befreit wurde und sich im Veröffentlichungsjahr der Bauwelt-Ausgabe das Leben genommen hat: „Primo Levi hat […] aus der Ohnmacht der Erinnerung in einer Welt, die das Vergessen beherrscht, keinen anderen Ausweg gefunden.“30 Im selben Jahr wie die Bauwelt-Ausgabe erschien auch eine Rezension Hartmut Franks in Die Zeit, in der Kriers Publikation zwar als „Machwerk“ vorgestellt wird, „in dem beliebig Fakten, ungeprüfte Behauptungen, hochtrabende Verallgemeinerungen und eigenwillige Definitionen gemischt werden“.31 Doch in einem seltsamen Twist geht der Rezensent in seiner Krier-Kritik sogar soweit, Speer vor Krier in Schutz zu nehmen: „Das Ärgernis heißt diesmal nicht Speer, sondern Krier. Speer ist ihm zum Opfer gefallen.“32 Frank formuliert dies vor dem Hintergrund seiner Überzeugung, dass es „wohl nur wenigen noch ein Ärgernis zu sein [scheint], Albert Speer so prachtvoll präsentiert zu bekommen“.33 Ein „schönes Buch“,34 wertet der Rezensent, ohne auf die manipulative Bildebene einzugehen: „Die Sorgfalt bei der Wahl der Abbildungen und verwendeten Schriften, bei der Montage der Seiten und der Anordnung der zweisprachigen Texte, bei der Vereinheitlichung der umgezeichneten Originalpläne und der Tafeln mit Vergleichsmaterial ist bestechend. So wünscht man sich Architekturbücher.“35 Später sollte sich Frank, etwa beim Thema „Paul Schmitthenner“, zu einem durchaus Revisionismus-bereiten Architekturhistoriker entwickeln.36 Trotz der im deutschen Sprachraum und auch international verheerenden Kritik37 wurde der Band 2013 als Faksimile-Fassung der Originalausgabe mit einer überarbeiteten Einleitung Kriers neu aufgelegt [Abb. 9]; ein Vorwort von des amerikanischen Architekten Robert A. M. Stern ersetzte das Speer-Vorwort.38 Krier berichtet, dass Stern ihm zugesagt hatte mit den Worten: „Es muss ja für irgendetwas gut sein, dass ich jüdisch bin.“39

Abb. 10
Abb. 11: Albert Speer: Berlin OKL (WV 71), Hofansicht, datiert 28.6.1941 aus: Sebastian Tesch: Hitlers Architektur – Albert Speer (1905–1981), Wien/Köln/Weimar 2016, S. 158 / Foto: ARCH+

Historisch-kritische Grundlagenarbeit: Sebastian Teschs Albert Speer (1905–1981) (2016)

Zwar gibt es seit einigen Jahrzehnten keinen Mangel an Büchern von und über Albert Speer – die skizzierte Mischung aus Selbstrechtfertigungs- und Verherrlichungsliteratur dominierte trotz einiger weniger kritischen Stimmen wie etwa Matthias Schmidt40 die öffentliche Wahrnehmung des Architekten und Politikers bis in die 2000er-Jahre hinein –, doch entstand überraschenderweise in diesem Zusammenhang nie eine historisch-kritische Darstellung seines architektonischen Werkes. Diese wird erst im Jahre 2016 vorgelegt – also rund 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs –, und zwar mit Sebastian Teschs Dissertation Albert Speer (1905–1981). Sie erschien in Buchform in der von Winfried Nerdinger und Raphael Rosenberg herausgegebenen Reihe Hitlers Architekten – Historisch-kritische Monografien zur Regimearchitektur im Nationalsozialismus [Abb. 10].41 Nerdinger und Rosenberg weisen in ihrem Vorwort fast schon entschuldigend darauf hin, dass der Autor „aus persönlichen Gründen“42 nicht alle Teile seines ambitionierten Projekts fertig stellen konnte – und auch Tesch konzediert, dass der „enorme Umfang der größtenteils noch unbearbeiteten Quellen“ zur Folge hatte, dass „die Tiefenerschließung von Speers Werk im Rahmen dieser Arbeit nicht durchgehend in gleichem Maße erfolgen“ konnte.43 Dennoch ist ein wichtiges Standardwerk entstanden, das eine verlässliche Basis für die künftige Speer-Forschung darstellt. Tesch fokussiert auf den Zeitraum bis etwa 1937, während er sich bei seinen Betrachtungen der Zeit zwischen 1937 und 1945 weitgehend auf bereits gut untersuchte Analysen der drei großen Komplexe des Speer’schen architektonischen Wirkens stützte, also einmal die Bauten für das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, dann die Neue Reichskanzlei in Berlin und schließlich die Neugestaltung der Reichshauptstadt Berlin.44 An seiner Einschätzung, dass Speer ein Kriegsverbrecher war, lässt Tesch nirgendwo einen Zweifel: „Speer spielt, was jedoch den Anklägern des Nürnberger Prozesses nicht bekannt wird, eine sehr zentrale Rolle bei der Judenvernichtung.“45 Hier stützt sich der Architekturhistoriker vor allem auf Susanne Willems, die nach Vorarbeiten von Johann Friedrich Geist und Klaus Kürvers mit ihrem 2002 erschienenen Buch Der entsiedelte Jude46 nachweist, dass Speer einen entscheidenden Anteil an der Deportation der jüdischen Bevölkerung Berlins hatte.47 Willems – auch darauf verweist Tesch – publizierte zudem 2015 das „Sonderprogramm Prof. Speer“, welches das Konzentrationslager Auschwitz zum zentralen Zielort deutscher Massendeportationen und damit auch Vernichtungslager machte.48

Zu Teschs wichtigen Verdiensten gehört auch und vor allem die Erstellung eines auf der Grundlage archivalischer Quellen erstellten Speer’schen Werkverzeichnisses, das mit dem „Erstling“ in Form von „Zwei Hausanbauten mit Gartenanlage“ in Berlin-Nikolassee (1929/30; „Status unbekannt“) beginnt und mit einem bis dato kaum bzw. unbekannten (und auch weitgehend Papier gebliebenen) Nachkriegswerk endet, das u.a. aus einem Haus für einen amerikanischen Sergeant (Werkverzeichnis Nr. 79), einem Haus für einen amerikanischen Leutnant in Kalifornien (Werkverzeichnis Nr. 83), dem mit einigen Bäumen teilweise erhaltenen Gefängnisgarten Spandau (Werkverzeichnis 86), einer Ranch für seinen Spandauer Wärter Jack Donaho (Werkverzeichnis Nr. 90), und dem Mitte der 1960er-Jahre in Berlin-Kladow errichteten, aber mittlerweile wieder abgerissenen Haus für den Spandauer Gefängniskommandanten Eugene K. Bird besteht (Werkverzeichnis Nr. 93). Dazwischen entfaltet sich ein Gesamtwerk, das mit einer an Speers Lehrer Heinrich Tessenow orientierten Frühphase beginnt, dann, nach 1933, sich formal stark an Paul Ludwig Troosts Bauten ausrichtet, um ab 1938 deutlich eklektischer zu werden.49 Diese letzte Wende hin zum Stilmischmasch macht Tesch insbesondere an dem für Berlin geplanten Oberkommando der Luftwaffe (OKL; Werkverzeichnis Nr. 71) deutlich [Abb. 11], einem ausgesprochen aufwendig gestalteten Gebäude, bei dem im Vergleich mit Speers Neuer Reichskanzlei „die Erweiterung des Formenvokabulars sehr deutlich“ wird.50 Die Fassade des OKL, so der Architekturhistoriker, erinnert sogar „in ihrer Ornamentfülle an Fantasiebauten des 19. Jahrhunderts wie das Schloss Neuschwanstein“.51 Keine noch so kleine Fläche bleibe „undefiniert oder leer.“52 Dort, wo keine Halbsäulen oder andere Zierprofile aufgelegt sind, so Tesch weiter, „ist der Fugenschnitt der Werksteinverkleidung ornamental aufgefasst“.53 Der Architekturhistoriker legt überzeugend dar, dass eine „derart plastische Durchgliederung der Fassade mit Ausluchten und Risaliten, die ihrerseits vor Rücklagen stehen, […] kaum noch mit den Entwurfsprinzipien Troosts in Einklang zu bringen“ ist.54 Der signifikanteste Unterschied zu den Bauten Troosts in München besteht für Tesch darin, „dass sich dieser auf den konsequenten Einsatz einiger weniger Formen konzentriert, während Speer sich eines wesentlich umfangreicheren Spektrums bedient“.55 Speer, so Tesch, zeige sich „wiederholt als reiner Historist, der Stilformen in ein festes Gebäude von strukturellen Elementen adaptiert“.56 Beim OKL steht laut Tesch die Renaissance Pate, bei der Reichskanzlei ist es der Barock.57

Mit derlei Detailbetrachtungen entzieht Tesch jeglichen stilgeschichtlichen Debatten, ob Speers Architektur nun Teil einer Strömung des „Internationalen Klassizismus“ war oder nicht, die Grundlage. Stattdessen stellt er die architekturhistorisch deutlich produktivere Frage nach der Autorschaft hinter Speers Bauten. Denn ab Mitte 1935 ist Speer allgemein als „Architekt des Führers“ bekannt,58 und Hitler greift immer häufiger – und sehr bestimmt – in Planungen ein. „In vielen Fällen“, so Tesch, „kommuniziert er über Skizzen, korrigiert in Plänen, gibt mündlich oder schriftlich konkrete Anweisungen, was zu ändern ist, oder aber er wählt zwischen verschiedenen extra gefertigten Alternativvorschlägen aus.“59 Als eines der prägnantesten Beispiele für Hitlers Planungseingriffe gilt die Diskussion um die Traufgesimse von Unterbau und Tambour der Nürnberger Kongresshalle, die am 1:1-Fassadenmodell getestet werden: „An der 40 Meter hohen Wand des Unterbaus werden bis August 1939 in mehreren Sachritten insgesamt vier, am Tambour dagegen nur zwei verschiedene Gesimse angebracht, zwischen denen Hitler entschied.“60 Auch vor diesem Hintergrund spricht einiges dafür, von „viel Hitler“ in Speers Architektur auszugehen. So gilt als Speers erste Umsetzung einer Idee des „Führers“ der Anbau des Filmraums an die Dienstvilla Goebbels, bei der er, so Tesch, aus der Vorlage einer Hitler-Skizze „nur noch einen Plansatz mit den nötigen Ansichten und Grundrissen erstellt und zur Genehmigung einreicht“.61 Dieses Hand-in-Hand-Gehen von politischem Auftrag und architektonischer Indienststellung wird auch öffentlich kommuniziert, etwa mit der Planbeschriftung: „Berlin, Kuppelhalle. Ausgearbeitet nach den Ideen des Führers durch: Speer, Architekt.“62 Teschs architekturhistorisches Grundlagenwerk schließt mit einer Passage, die auf knappstem Raum das Nötigste zum Thema Speer zusammenfasst: „Für Hitler ist Speer ein Glücksfall, da er sich unkritisch in dessen Pläne einbinden lässt und diese mit großem Engagement zur Umsetzung bringt. Die enge Zusammenarbeit mit Hitler bildet die Grundlage seiner einzigartigen Position, schränkt ihn in seiner schöpferischen Freiheit jedoch gleichzeitig ein. Daher zeigen die zwischen 1933 und 1945 entstandenen Planungen deutlicher Hitlers als Speers Vorstellungen. Durch den Untergang des NS-Staates 1945 bleibt er weniger wegen seiner Tätigkeit als Architekt, sondern vielmehr wegen seiner engen Verbindung zu Hitler, seiner verschleiernden Exkulpationsstrategie und der daraus resultierenden Beeinflussung von Öffentlichkeit und Forschung bei der Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Erinnerung.“63

Abb. 12

Robuste Topoi: Isabell Trommers Rechtfertigung und Entlastung – Albert Speer in der Bundesrepublik Deutschland (2016)

Eben diesem letzten Punkt – „der verschleiernden Exkulpationsstrategie und der daraus resultierenden Beeinflussung von Öffentlichkeit und Forschung“ – hat die Politikwissenschaftlerin Isabell Trommer eine Dissertation gewidmet, die 2016 – also im selben Jahr wie Teschs Publikation – unter dem Titel Rechtfertigung und Entlastung – Albert Speer in der Bundesrepublik Deutschland erschienen ist [Abb. 12]. Trommer rekonstruiert darin die gesellschaftlichen und geschichtspolitischen Prozesse, die dazu führten, dass kein anderer der einst führenden NS-Politiker „so gut durch die Nachkriegszeit wie er“64 kam. Sie tut dies, indem sie die zahllosen Reaktionen und Rezensionen auf die Publizistik von Speer, Siedler, Fest et al. in den größeren Kontext der wissenschaftlichen Aufarbeitung von Nationalsozialismus und Holocaust stellt. Eine These ihrer Arbeit lautet, dass die Rechtfertigungsdiskurse von Speer und seinem konservativen Team für Öffentlichkeitsarbeit „repräsentativ für die bundesrepublikanische Gesellschaft waren und eine Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein blockierten“.65 Eine weitere These von Trommer besteht darin, dass sich das Bild Speers aus Topoi im Sinne von Harald Welzers, Sabine Moellers und Karoline Tschuggnalls Studie „Opa war kein Nazi“ – Nationalsozialismus und Familiengedächtnis (2002)66 zusammensetzt:67 „aus einer Reihe von Formeln, Themen und Gemeinplätzen“,68 die quasi als Standards ihrer Zeit Entlastungsformeln bieten. Zentral für den Fall Speer nennt Trommer folgende acht Topoi, die sie aus den Erinnerungen und den Tagebüchern destilliert: den „Zeitzeugen“, den „Verführten“, den „Technokraten“, den „Leistungsträger“, den „Widerständler“, den „Bürger“, den „Unwissenden“ und den „Büßer“.69 Den ersten Topos des „Zeitzeugen“ stellt Trommer als „Basis-Topos“ vor: „weil er die Aufmerksamkeit kanalisierte und die Voraussetzung dafür bildete, dass Speers Schilderungen für glaubwürdig gehalten wurden“.70 Den letzten Topos, den „Büßer“, präsentiert sie als „maßgeblich für seine Popularität in der Bundesrepublik“:71 Im Gegensatz etwa zu Adolf Eichmann, „der während seines Prozesses in Jerusalem die Position vertritt, Reue sei ‚etwas für kleine Kinder‘“72, bekannte sich Speer zwar zu keiner konkreten Schuld, übernahm jedoch als einziger der im Rahmen der „Nürnberger Prozesse“ Angeklagten eine vage „Gesamtverantwortung“.73 Dies rettete ihm letztendlich nicht nur den Kragen, sondern brachte ihm auch viele Sympathiepunkte ein. Trommers Topoi-Sammlung entpuppt sich zwar als nicht besonders trennscharf oder zwingend – der doch eigentlich naheliegende Topos des „Architekten“ bzw. „Künstlers“ fehlt ganz bzw. ist im Topos des „Verführten“ nur verklausuliert aufgehoben. Doch trotz ihrer nicht restlos überzeugenden Darstellungsregie kann sie eine faszinierende Materialsammlung präsentieren, die wie nebenbei wichtige epistemologische Einsichten darüber erlaubt, weshalb es Jahrzehnte brauchte, bis die bereits mit wenig Vorwissen intuitiv einleuchtende Einschätzung, dass Speer eben auch ein „Architekt des Holocaust“ war, eine größere gesellschaftliche Akzeptanz fand.

Denn schon Mitte der 1960er-Jahre, so Trommer, lag für die Wissenschaft bzgl. Speers Rolle beim Bau neuer Konzentrationslager „offen zutage, was später scheinbar mühsam zu enthüllen war“.74 In diesem Zusammenhang erwähnt die Politikwissenschaftlerin die Arbeit von Enno Georg, der 1963 in seinem Buch Die wirtschaftlichen Unternehmungen der SS75 darüber berichtet, „dass Speer die Standorte von Konzentrationslagern (sie sollten in der Nähe großer Granitvorkommen errichtet werden, weil er dieses Material für Bauprojekte benötigte) festgelegt und zinsfreie Kredite an SS-Unternehmen vergeben hatte“.76 Trommer führt weiter aus, dass Martin Broszat, der Doktorvater von Georg, diese Information 1965 dann in seiner bekannten Studie Nationalsozialistische Konzentrationslager 1933–1945 aufgriff.77 Die Politikwissenschaftlerin gibt noch weitere Beispiele: So verweist Gregor Janssen in seiner 1968 erschienen Dissertation Das Ministerium Speer 1942–1945 – Deutschlands Rüstung im Krieg darauf, dass Speer der Erweiterung des Barackenlagers Auschwitz und der Erhöhung des SS-Bauvolumens um 13,7 Millionen Reichsmark zustimmte.78 Und auch H. G. Adler, so Trommer weiter, schreibt 1974 in Der verwaltete Mensch über die zentrale Rolle, die Speer bei der „Freimachung“ der Berliner „Judenwohnungen“ und damit auch im Deportationsprozess gespielt hat.79 Die Autorin nennt viele weitere Beispiele für kritische Stimmen aus der Wissenschaft zur Causa Speer – und gleichzeitig referiert sie auf geradezu schockierende Weise, wie selbst bekannteste (und da vor allem CDU-CSU-affine) Namen der Historikerzunft wie etwa Golo Mann den Stand der Speer-Forschung ignorierten, wenn dieser etwa 1969 in einer Rezension von Speers Erinnerungen in der Süddeutschen Zeitung schreibt: „[…] er ahnte und hätte Bescheid wissen können und müssen.“80 Warum konnten wissenschaftliche Erkenntnisse die Speer-Verharmlosung und teilweise auch Speer-Verehrung, die sich jahrzehntelang über Deutschland und darüber hinaus ergoss, nicht verhindern?

Trommers eher enigmatischer Verweis auf die „Robustheit“81 ihrer acht summierten Topoi wird in manchen ihrer eher ebenso spannenden wie marginalen Passagen ausbuchstabiert, wenn sie sich in das Gestrüpp wissenschaftlicher Ausdifferenzierungen begibt – und einerseits darauf hinweist, dass es in Deutschland die erst spät – nämlich in den 1980er-Jahren – sich etablierende Holocaustforschung war,82 die dem Topos des „Unwissenden“ langsam, aber sicher den Boden unter den Füßen wegzog. Und zwar, indem sie der deutschen Öffentlichkeit vermittelte, dass nicht nur einige wenige teuflische Gestalten die nationalsozialistischen Massenmorde verübten, sondern hunderttausende „Angehörige aller gesellschaftlichen Bereiche und Klassen“.83 Andererseits weist Trommer darauf hin, dass im Zusammenhang mit der Analyse von Speers Nachkriegskarriere auch auf das Versagen einer anderen wissenschaftlichen Disziplin hinzuweisen ist, nämlich der Zeitgeschichte. Denn obwohl sich die Konsolidierung der Disziplin der Zeitgeschichte in den 1960er-Jahren vollzieht, äußern sich, so Trommer, nur wenige Zeithistoriker zu Speers Büchern: „[…] sie beschäftigen sich in dieser Phase stärker mit dem Übergang von der Weimarer Republik zum Nationalsozialismus oder mit den Debatten um eine strukturalistische oder intentionalistische Deutung des NS-Regimes. Gerade den […] Abgleich zwischen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und Speers Auskünften blieben die Historiker schuldig.“84 Mit Blick etwa auf Andreas Hillgruber, dem CDU-Mitglied und Ordinarius für mittlere und neuere Geschichte an der Universität zu Köln, schreibt Trommer, dass sich „die führenden Zeithistoriker zu wenig, zu uninformiert oder zu unkritisch“85  am Diskurs um Speer beteiligten. Sie erwähnt in diesem Zusammenhang auch den Historiker Ludolf Herbst, ab 1983 stellvertretender Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, der in seinem 1982 erschienen Buch Der Totale Krieg und die Ordnung der Wirtschaft Speer verharmlosend als einen „weltanschaulich neutrale[n] Technokrate[n]“ vorstellt, „der in Konflikte mit den Parteikreisen geriet“.86 Neben den Hinweisen auf das Versagen der Zeitgeschichte und der erst spät sich konsolidierenden Holocaustforschung nennt Trommer noch einen weiteren Grund für die Persistenz des Speer-Mythos: die kombinierte konservative Medienmacht von Fest (und damit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung) und Siedler (und damit dem Ullstein Verlag, der sich ab 1960 im Besitz von Axel Springer befand). Denn erst Heinrich Breloer war es, so die Autorin, der mit seinem Buch Die Akte Speer (2006)87 nicht nur „entscheidende Dokumente“ für Speers Schuld vorlegte, sondern ein Jahr zuvor, also 2005, „mit […] Speer und Er und der dazugehörigen Dokumentation Nachspiel – Die Täuschung den Forschungsstand einem breiten Publikum nahe“ gebracht hatte.88 Und noch eine weitere, eher nebensächlich behandelte Notiz Trommers ist bemerkenswert – und böte durchaus Anlass zur Vertiefung: Mit Blick auf den Propyläen-Architekturband, auf den sie auf Seite 221 kurz eingeht,89 schreibt Trommer, dass diesem Buch zwar deutlich weniger öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wurde als den Erinnerungen oder den Tagebüchern, dass die „vereinzelten Besprechungen“ aber „kritischer als die früheren Artikel über Speer“90 ausfielen. Die Politikwissenschaftlerin erwähnt hier nicht nur, dass das linke Magazin konkret die Publikation mit den Worten „raus aus dem Dreck der Geschichte und ab in die Kunst-Geschichte“91 kommentierte, sondern dass auch Max Bächer92 den Band mit einer kritischen Rezension in der Zeit bedachte.93 Es ließe sich daraus eine von der Autorin so nicht formulierte Arbeitsthese ableiten: Erst mit der der Publikation des Architekturprachtbandes im Jahre 1978 verließ der kritische Ton über Speer die Sphäre der Wissenschaften und erreichte die großen Publikumsmedien.

Abb. 13
Abb. 14

Historiografie auf Quellenbasis: Magnus Brechtkens Albert Speer: Eine deutsche Karriere (2017)

Nur ein Jahr nach Isabell Trommers Rechtfertigung und Entlastung erschien der Bestseller Albert Speer: Eine deutsche Karriere (2017) [Abb. 13] von Magnus Brechtken, dem Stellvertretenden Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte. Der nicht nur literarisch gelungene, sondern auch energische Ton des Buches liest sich zuweilen wie ein Versuch, die Reputation der von Trommer aus politikwissenschaftlicher Perspektive so kritisierten Zeitgeschichte retroaktiv zu retten. Speer, so Brechtken in seinem Einstieg, „ist vermutlich der am häufigsten zitierte Zeitzeuge des 20. Jahrhunderts. Ein engagierter Nationalsozialist, Unterstützer Hitlers, Architekturmanager, Kriegslogistiker, Rüstungsorganisator, Mitbetreiber der NS-Rassenpolitik, eine Zentralfigur des Eroberungs- und Vernichtungskrieges: das ist der reale Albert Speer bis 1945.“94 Doch dann, in der Nachkriegszeit, hat sich, so Brechtken, ein anderes Bild von ihm verbreitet: „Hier erscheint Speer meist als verführter Bürger, unpolitischer Technokrat, als fleißiger Fachmann, der vor allem seine Arbeit im Sinne hatte und dabei wenig wahrgenommen haben wollte von den Verbrechen, die sich um ihn herum ereigneten – während er in Wahrheit mit der SS paktierte, Zwangsarbeiter in den Tod trieb und europaweit die Kriegsrüstung organisierte. Allenfalls dunkle Ahnungen habe er gehabt von dem, was doch vor seinen Augen und nicht selten auf seine direkte Initiative hin geschah.“95 Wie Trommer fragt sich Brechtken: Warum konnte sich die „Legende vom unwissend-arglosen Bürger Albert Speer auf der schuldfreien Seite der Geschichte“96 jahrzehntelang halten, und dies – von wenigen Ausnahmen abgesehen – gar bis weit ins 21. Jahrhundert hinein? Brechtken präsentiert eine detailreiche Speer-Biografie, die zwar auf architekturhistorischer und -theoretischer Ebene mit einem recht rigiden Kausalismus aufwartet (nationalsozialistisches Bauen sei, so Brechtken leicht überforciert, „Rassenideologie in Stein“97 gewesen), doch ansonsten verhilft er der von Eigenerzählungen und solidarischen Narrativen verstellten Geschichte des Architekten und NS-Führers zum ersten Mal systematisch zu einer Fakten- und Quellenbasis.

Speers „Fabrikationen“98 beginnen schon mit der bedeutungsschwanger literarisierten Schilderung seiner Geburtsumstände, die er so wiedergibt: „An einem Sonntag, den 19. März 1905, 12 Uhr mittags, kam ich in Mannheim zur Welt. Der Donner eines Frühjahrsgewitters übertönte, wie mir meine Mutter oft erzählte, das Glockengeläute von der nahen Christuskirche.“99 Brechtken korrigiert: „Auf der offiziellen Urkunde ist als Geburtszeit ‚Vormittags um elf ein Viertel Uhr‘ vermerkt, ein Gewitter ist erst für den späteren Nachmittag verzeichnet und von der Christuskirche stand damals nicht einmal das Fundament.“100 Auch Speers Darlegungen seiner organisatorischen Fähigkeiten im Bereich Architektur sind nur mit höchster Vorsicht zu genießen, wie der zuerst von Angela Schönberger dekonstruierte Hitler-Mythos von der nur einjährigen Planungs- und Bauzeit der Neuen Reichskanzlei in Berlin zeigt,101 den Speer in seinen Erinnerungen, so Brechtken, insofern ausbaut, als insinuiert wird, das Bauwerk sei bereits zwei Tage vor der offiziellen Einweihung im Januar 1939 fertig gewesen, Hitler hätte sich „sofort an seinen Schreibtisch setzen können, um die Regierungsgeschäfte aufzunehmen“.102 Tatsächlich, legt Brechtken dar, „begannen die Pläne 1934, Zeitungen berichteten über die Arbeiten und schon im Herbst 1936 standen Fassadenmodelle in der Voßstraße. Obwohl als Erfindung leicht erkennbar, hielt die Legende Jahrzehnte.“103 Bei den Speer’schen Lügenkonstrukten fällt besonders die während der Nürnberger Prozesse perpetuierte Falschinformation ins Gewicht, er sei bei der Verfolgung und Ermordung vom Millionen Jüdinnen und Juden nicht involviert gewesen. Doch das Gegenteil war der Fall: Speer wusste nicht nur direkt von Auschwitz, er verhandelte auch mit dem Leiter des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes (WVHA), Oswald Pohl und dem Reichsführer SS, Heinrich Himmler, über den laufenden Deportations- und Vernichtungsprozess. Dies, so macht Brechtken deutlich, zeigt ein Dokument, das „erst während des Revisionsverfahrens herangezogen und analysiert wurde, das weder die Öffentlichkeit intensiv beschäftigte noch von der Forschung mit der angemessen Präzision analysiert wurde […]. Obwohl dieses Dokument öffentlich zugänglich und auch Speer bekannt war, leugnete er bis zu seinem Tod, mit Auschwitz verantwortlich verbunden gewesen zu sein.“104 Speer schaffte es sogar, die Schuld für Zwangsarbeit etc. seinem Mitstreiter Fritz Sauckel, dem NS-Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, zuzuschieben – „obwohl Speer es gewesen war, der jene Arbeitskräfte verlangte, die Sauckel in ganz Europa zusammenzutreiben hatte.105 Der Prozess endete mit nur zwanzig Jahre Haft für Speer, während Sauckel gehängt wurde.106

Noch einmal: Wie konnten sich die Speer‘schen Legenden jahrzehntelang stabilisieren? Brechtken erklärt dies mit dessen Habitus nobler Bürgerlichkeit, mit dem er geschickt und Sympathie heischend wohldosierte Reue in der Öffentlichkeit zu lancieren verstand – und somit lange Zeit auf die Mitarbeit vieler unkritischer Journalist*innen und Historiker*innen zählen konnte, die lieber den Opa widerspruchslos vom Krieg und der Zeit davor erzählen ließen, als den Staub von Archiven zu atmen. Brechtken kritisiert in diesem Zusammenhang neben den Speer-Biograf*innen Gitta Sereny,107 der er „Schmonzettenton“108 vorwirft, und Martin Kitchen,109 den er der Missachtung „zentrale[r] Dokumente“110 bezichtigt, vor allem den Historikerdarsteller Joachim Fest, der Speer im Auftrag Wolf Jobst Siedlers als „vernehmender Lektor“111 zu einem eleganten Schreibstil verhalf, um dann später – 1999 – ein postfaktisches Speer-Buch112 voller „Ignoranz und Wissensferne“113 vorzulegen. Darin werden, so Brechtken, „historische Kernfragen von Speers Rolle in Berlin bis zu seiner Kriegsfunktion als Rüstungsminister entweder kaum angesprochen oder wortreich wegformuliert“114 und eine der frühesten Kritiken Speers, nämlich Matthias Schmidts hellsichtige Dissertation Albert Speer – Das Ende eines Mythos115 als „polemisch“ abgetan.116 Als Motor hinter der Geschichtsklitterung von Fest und Siedler macht Brechtken deren Sehnsucht nach einer Erzählung aus, nach der das distinguierte Bürgertum – und also auch der aus einer wohlhabenden Familie stammende Speer – recht eigentlich mit dem Nationalsozialismus „nichts zu tun habe“.117 Speers Geschichten, führt der Historiker aus, „bedienten die Sehnsucht der bürgerlichen Welt und ihres Milieus, jene tragende Rolle, die es vor 1945 eingenommen hatte, in eine Distanz, eine Differenz umzudeuten“.118 Diese Milieus betrieben ihre Distanznahme in der denkbar distanzlosesten Art – in dem sie nämlich „Zeitzeugenlegenden mit Geschichtsschreibung“119 verwechselten. Erst Heinrich Breloers Speer und Er (2005),120 schreibt Brechtken wie vor ihm Trommer, habe das „überkommene Bild vom ‚verführten Technokraten‘ und ‚guten Nazi‘ Speer […] zerstört“.121 Brechtkens wichtigem Buch, das die spätestens seit den 1990er-Jahren immer wieder stark in Frage gestellte Hoffnung irreparabel zerstört, Geschichtsschreibung lediglich auf Interviews, Memoiren oder Erinnerungsbänden zu gründen, hat in Verlängerung von Breloers Vorarbeiten die seit Jahrzehnten disputierte Speer-Rezeption endgültig gedreht. Dies liegt auch daran, dass Brechtken auf der Grundlage seiner Biografie und als wissenschaftlicher Berater gemeinsam mit dem Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände die vielbeachtete Wanderausstellung Albert Speer in der Bundesrepublik – Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit samt Begleitpublikation [Abb. 14] konzipierte, die nach ihrem Nürnberger Debüt im Jahre 2017 an vielen Orten wie Köln, Bochum, Peenemünde oder Mannheim Station machte – und derzeit noch bis 25. September 2022 in der Berliner Stiftung Topografie des Terrors zu sehen ist.122

Abb. 15

Generationenschema: Wolfgang Schroeters Albert Speer – Aufstieg und Fall eines Mythos (2019)

In einer weiteren aktuellen Buchpublikation zum Thema, und zwar in der zwei Jahre nach Brechtkens „späte[r] Hinrichtung des Albert Speer“123 veröffentlichten Dissertation Albert Speer – Aufstieg und Fall eines Mythos (2019) [Abb. 15], würdigt Wolfgang Schroeter die Arbeit des Münchner Zeithistorikers als eine „komplette, öffentliche Entzauberung“124 und als „radikale Monumentalbiografie“:125 Für Brechtken, so Schroeter, ist „Speer nicht länger die Ausnahme, sondern die Regel, nicht mehr der zufällig unter die Nationalsozialisten geratene Bürger und Technokrat, sondern der überzeugte und ‚engagierte Nationalsozialist, [der] Mitbetreiber der NS-Rassepolitik, eine Zentralfigur des Eroberungs- und Vernichtungskriegs“.126 Gegen Brechtkens gleichsam theoriefrei dargebotene Faktenlage als Aktenlage, aber auch gegen Isabell Trommers theoretisch inspirierten Topoi-Ansatz gewendet, bringt Schroeter ein Generationenmodell in Anschlag, das, so der Autor nicht unbescheiden, die Rezeptionsgeschichte Speers „erst erklärt“.127 Schroeter rekapituliert den Aufstieg und Fall des Speer-Mythos durch die Brille einer viergliedrigen Generationensequenz, die er insbesondere Heinz Bude,128 Norbert Frei,129 Ulrich Herbert,130 Florian Illies131 und Michael Wildt132 entlehnt – und folgendermaßen zusammengefasst werden kann: Auf eine „Erlebnisgeneration“ oder „Kriegsjugendgeneration“ bzw. „Generation des Unbedingten“ der um 1905 Geborenen, die wie Albert Speer vom Ersten Weltkrieg als Kinder und Jugendliche, nicht aber als Soldaten geprägt wurden, folgte eine „Flakhelfergeneration“ oder „skeptische Generation“ der um 1925 Geborenen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg in den Wiederaufbau und die Wirtschaftswunderzeit stürzte, um ihre Teilschuld an den Verbrechen des Nationalsozialismus zumeist komplett zu verdrängen. Darauf folgten wiederum die „Achtundsechziger*innen“ der um 1945 Geborenen, die gegen ihre Elterngeneration aufbegehrten und deren weit verbreitetes Schweigen über den Holocaust anprangerten, sowie die um 1970 herum geborene „Enkelgeneration“ bzw. „Generation Golf“, die zwar noch „durch die kommunikative Präsenz der Großeltern“133 vom Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg direkt geprägt ist, aber durch ihr Konsum- und Medienverhalten „die Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus“134 stark veränderte. In die Schubladen dieses Generationenmodell verräumt Schroeter nun die jahrzehntelange Speer-Rezeption mit all ihren Komplexitäten.

So ordnet er Speers Veröffentlichungen als „Höhe- und Endpunkt“ der Selbstviktimisierung der Kriegsjugendgeneration ein,135 die ihre publizistischen Apologeten nicht zufällig in den beide im Jahre 1926 geborenen „Flakhelfern“ Joachim Fest und Wolf Jobst Siedler fanden. Auch den Historikerstreit, der von Fest als Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit dem Abdruck von Ernst Noltes Aufsatz „Vergangenheit, die nicht vergehen will“ initiiert wurde,136 interpretiert Schroeter als intragenerationalen Konflikt zwischen dem konservativen und dem progressiven Flügel der Flakhelfergeneration.137 Letzterer – repräsentiert etwa durch Nolte-Gegenspieler Jürgen Habermas (geb. 1929) – gehörte dann auch zu den Stichwortwortgebern der nachfolgenden Achtundsechziger-Generation, die erstmals für bleibende Risse in den Speer-Fest-Siedler-Narrativen verursachten. In diesem Zusammenhang ist etwa der 1941 geborene Hannes Heer zu erwähnen, der in seinem Buch Hitler war’s! – Die Befreiung der Deutschen von ihrer Vergangenheit (2008)138 Joachim Fest zum Teil eines „großen konservativen Rollbacks“ macht, „dem er Gemeinsamkeiten mit Teilen der Neuen Rechten unterstellt“;139 oder auch die 1945 geborene Angela Schönberger. Der Enkelgeneration kommt in Schroeters Darstellung die ehrenvolle Leistung der vollflächig vollendeten Dekonstruktion der Speer-Legenden zu: „Vorbereitet wurde dies durch Martin Kitchens Biografie von 2015 und Isabell Trommers Rezeptionsstudie von 2016, öffentlichkeitswirksam war indes erst die 2017 publizierte radikale Monumentalbiografie von Magnus Brechtken. […] Mit dieser […] Zertrümmerung aller um Speer gewobenen Mythen wird Brechtken zum Meinungsführer der Folgegeneration, wie sich auch in neueren Ausstellungen zu Speer zeigt.“140 So weit, so sortiert.

Doch bei näherem Hinsehen läuft Schroeters Generationenschema nicht so geschmiert ab wie vom Autor insinuiert: Kitchen wurde 1936 geboren, Brechtken 1964. Und Wolfgang Schäche, der als Autor u.a. von Architektur und Städtebau in Berlin zwischen 1933 und 1945 – Planen und Bauen unter der Ägide der Stadtverwaltung141 und Mitgründer des Vereins Berliner Unterwelten an anderer Stelle ebenfalls im Kontext der Enkelgeneration-Verdienste erwähnt wird, ist ein waschechter Achtundsechziger, 1948 geboren.142 Trotz der Tatsache, dass so manches an Schroeters Generationentheorie an der Geburtsjahr-Empirie zerschellt, überwiegen jedoch die Verdienste des Autors, und zwar insbesondere dann, wenn er auf die in den anderen besprochenen Speer-Publikationen weitgehend unterschätzte mediale Ebene des Niedergangs des Speer-Mythos eingeht. So etwa, wenn er mit Blick auf Ulrich Beck das Wirtschaftswunder mit dem Bild des „Fahrstuhleffekts“ beschreibt, „der die gesamte Gesellschaft über mehrere Etagen hochkatapultierte“,143 und zwar hinauf auf die Etage mit deutlicher gewachsener Freizeit, die auch und vor allem vor dem Fernsehgerät verbracht wurde. Dieses neue Medium, welches das Kino als Massenmedium in den Hintergrund drängte‚ sollte, so Schroeter, fortan „norm- und moralbildend“ wirken, und zwar nicht zuletzt „in Bezug auf das Verhältnis zum Nationalsozialismus“.144 Schroeter erwähnt in diesem Zusammenhang etwa den positiven Einfluss der US-Serie Holocaust (1979) auf die Enkelgeneration, aber auch – mit deutlich kritischerem Unterton – das deutsche Fernseh-Histotainment eines Guido Knopp, der Speer als Einzigen zweimal in seinen Sendereihen behandelte: Während die erste Version von 1996 mit dem Titel Hitlers Helfer unter dem Deckmantel der Aufklärung sehr affirmativ war – Knopp kleidete die Darstellung der Speer-Verbrechen in die Frageform „Was wusste Speer?“ und multiplizierte damit vor einem breiten Publikum noch einmal fast alle Mythen und Legenden Speers und Fests –, war die Neuauflage von 2004 deutlich kritischer – der Architekt und nationalsozialistische Rüstungspolitiker wurde dann gar „der Todesstrafe würdig“145 befunden. Den Paradigmenwechsel in der öffentlichen Wahrnehmung Speers, den insbesondere Trommer und Brechtken Heinrich Breloers Speer und Er zuschreiben, wird von Schroeter vor allem Brechtken und der Wanderausstellung Albert Speer in der Bundesrepublik zugeschrieben. Speer und Er, so Schroeter, gebe zwar im besonders Speer-kritischen vierten Dokumentarteil Susanne Willems viel Raum,146 doch: „Die Geschichte von Speers Selbstmythologisierung und deren Nachwirken bis ins Jahr 2005 hätte gut in den spielszenenhaften Dreiklang der ersten Teile integriert werden können, wenn nicht sogar müssen.“147 Ungeachtet dieser Spitzfindigkeiten und in Abwandlung eines bekannten Songs könnte man also resümieren: TV Killed the Nazi Star.

Abb. 16

Versuchungs-Verstehertum: Frederike Lauschs Faschismus und Architektur – Max Bächers Auseinandersetzung mit Albert Speer (2021)

Trommers marginale Behandlung des Architekturdiskurses im Allgemeinen und Max Bächers im Besonderen, die sowohl von Brechtken als auch von Schroeter übernommen wird, steht quer zu Frederike Lauschs Buch Faschismus und Architektur – Max Bächers Auseinandersetzung mit Albert Speer [Abb. 16]. Die Publikation erschien 2021 als zweiter Band in der Reihe CCSA Topics des Center for Critical Studies in Architecture (CCSA), einer Kooperation zwischen der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Kunstgeschichtliches Institut), der Technischen Universität Darmstadt (Fachbereich Architektur) und dem Deutschen Architekturmuseum (DAM). Ist der Blick auf Speer via Max Bächer, den Lausch betreibt, ergiebig? Bächer, ein 1925 geborener Angehöriger der Flakhelfergeneration, studierte von 1946 bis 1950 Architektur an der Technischen Hochschule Stuttgart (heute Universität) und am Georgia Tech in Atlanta, arbeitete anschließend in den Büros von Bodo Rasch und Paul Stohrer und führte ab 1956 ein eigenes Büro in Stuttgart, mit dem er zwar sehr beachtliche Bauten wie das Stuttgarter Haus Windstosser (1959) schuf, aber dennoch nie in den Ruch geriet, ein wirklich bedeutender Architekt zu sein. Tiefere, gleichwohl immaterielle Spuren hinterließ Bächer als Professor für Entwerfen und Raumgestaltung an der Technischen Hochschule Darmstadt, wo er von 1964 bis 1994 wirkte – und vor allem als zentraler Akteur im Wettbewerbswesen der westdeutschen Nachkriegsarchitektur, das er zwischen 1960 und 2010 als Mitglied von über 400 Auswahljurys signifikant zu prägen vermochte – häufig als Preisgerichtsvorsitzender.148 Bächer nahm im Juli 1972 Briefkontakt mit Speer auf – also nach Erscheinen der Erinnerungen, aber noch vor Publikation der Spandauer Tagebücher und des Propyläen-Architekturbandes –, doch ein Treffen mit Speer in dessen Heidelberger Villa im Schloß-Wolfsbrunnen-Weg 50 kommt erst am 17. Februar 1973 zustande.

Bächer sortiert sich anschließend mit einem präzisen Gedächtnisprotokoll, welches Lausch als eine Art Schlüsseldokument auf 15 Seiten präsentiert. Für sie repräsentiert es den Wunsch des Besuchers, sich mit der Tätergeneration auseinanderzusetzen, gleichzeitig aber auch von der Scheu, „die Verantwortlichen direkt mit ihren Taten zu konfrontieren“.149 Man überreichte zur Begrüßung ja auch immerhin einen „guten Rotwein“.150 Bemerkenswert an diesem langen Protokoll ist im Grunde nur, dass es ganz lebenspraktisch ausbuchstabiert, wie perfekt zunächst Speers Nürnberger Prozessstrategie und später die Publikationsstrategie mit Siedler und Fest funktionierte: Der NS-Kriegsverbrecher verstand es vorzüglich, vor entsprechend geneigtem Publikum – auch vor Bächer – die Rolle des gepflegten Baukunst-Connaisseur zu geben, der irgendwie in üble Zeitläufte hineingeraten war. So sieht sich Bächer eben keinem verabscheuungswürdigen Mit-Organisator der Verfolgungen von Juden und Jüdinnen gegenüber – obwohl dies alles 1973 und auch lange davor völlig klar war –, sondern einem Architekten mit, sagen wir: Compliance-Schwäche, die man aber aus Manierlichkeitsgründen nicht allzu direkt anspricht. Entsprechend notiert Bächer in seinem Protokoll, wie er Speer den „Hintergrund meines Interesses“ darlegte: „Architekten seien gefährdet, ihr Ehrgeiz, ihr Engagement, die Ruhmsucht, ihr halbes ‚Künstlertum‘, machten sie zu ‚Gefährdeten‘ – von Dädalus angefangen –, die leicht in Versuchung zu führen seien.“151 Die Substituierung von Verbrechensverurteilung durch Versuchungsverstehertum war also in vollem Gange. Bächer kanalisierte sein Speer-Interesse ab den frühen 1970er-Jahren im Rahmen einer Reihe von Vorträgen und Artikeln zum Thema „Architektur und Faschismus“, aber so enerviert er auch 1979 auf den Propyläen-Prachtband reagierte – zunächst mit seiner Zeit-Rezension „Albert Speers Architektur: Klotzig, troostlos, speerlich. Über den Größenwahn von Kleinbürgern“152 und dann mit einem „Offenen Brief“, der in der Juni-Ausgabe von Der Architekt abgedruckt wird153 –, so vehement verteidigte er 1987 Léon Krier gegen die von der Bauwelt in „Die große Speerfeier des Léon Krier“ orchestrierte Kritik: „Die Diffamierung des Gegners, die platte Verallgemeinerung und das Verfälschen der Wahrheit durch Unterschlagung sind faschistische Verhaltensweisen.“154 Die Faschismusanfälligen waren also hier für Bächer wohlgemerkt die Krier-Kritiker.

Lausch formuliert einerseits diplomatisch, dass ihr Forschungsgegenstand Bächer „ambivalent“ sei: „Auch er ließ sich verführen, kolportierte einige von Speers Legenden und zeigte Verständnis für den ‚Verführten‘. Aber er äußerte auch scharfe Kritik an Speers Erzählungen, an seiner Architektur und zunehmend an seiner Person.“155 Doch andererseits klingt es schon weniger diplomatisch, wenn Lausch über Bächer schreibt, dass er am Ende deshalb kein Buch zum Thema Faschismus und Architektur vorlegt, weil er das Thema „in all seiner Komplexität und historischen Bedingtheit nicht zufriedenstellend zu durchdringen vermochte“.156 Doch warum dann überhaupt ein von der Wüstenrot-Stiftung wohldotiertes Postdoc-Fellowship inklusive Buchproduktion auf Deutsch und Englisch zur Faschismusrezeption einer intellektuell so mediokren Figur? Lauschs Publikation beantwortet diese Frage nur unfreiwillig – indem sie nämlich beiläufig auf die FDP-Nähe Bächers zu sprechen kommt.157 Denn an Bächer und dessen Verhältnis zu Speer ist im Grunde nur eines interessant: dass er aus seiner Faschismusfaszination die Konsequenz einer liberalen Ideologie der Ideologielosigkeit zieht und diese auch in diversen Phantomkämpfen in der Gegenwartsarchitektur durchsetzen will. So hält er einerseits an der Idee eines „Internationalen Klassizismus“ für die 1930er-Jahre fest – und nimmt damit die Architektur Speers heraus aus dem Verdacht, gebauter Nationalsozialismus zu sein –, klopft aber gleichzeitig die mit Kolossalordnungen und anderen klassizierenden Elementen spielende Architektur der 1960er- und 1970er-Jahre – etwa den Kline Biology Tower der Yale University von Philip Johnson (1962-1966), die New Yorker Metropolitan Opera von Wallace Harrison (1963-66), das Richards Medical Laboratories in Philadelphia von Louis Kahn (1965) oder das Mainzer Rathaus von Arne Jacobsen und Otto Weitling (1968-74) – „auf ihre faschistoiden Tendenzen“ ab.158 So wendet sich Bächer einerseits gegen Rationalisten wie Aldo Rossi und Oswalt Mathias Ungers („‚Grob fahrlässig!‘“159), andererseits verhilft er als Preisrichter mitunter genau solchen Projekten – etwa Rossis Entwurf für das Deutsche Historische Museum in Berlin (1989) – zum ersten Preis. Es will alles nicht so recht zusammen passen bei Bächer. Auffallend ist, dass seine Faschismusverdächtigungen präferiert ausländische, insbesondere amerikanische Architekten treffen. Hinter seiner manchmal durchaus unterhaltsamen Wortschärfe verbirgt sich eine Denkunschärfe, die von Wirrnis kaum zu unterscheiden ist. Bächer-Schüler Arno Brandlhuber hat dasjenige, was an dem Darmstädter Professor heute vor allem interessieren sollte, einmal recht schonungslos folgendermaßen zusammengefasst: „Ich fragte ihn einmal, ob es so etwas wie einen Grundkonsens unter deutschen Architekten gibt, und er antwortete: ‚Es geht immer um das Nicht-Ideologische, niemals um das Weltanschauliche.‘“ 160 Kritisch gegen Bächer gewendet, konstatiert Brandlhuber, dass die Architektur, die seit geraumer Zeit in Deutschland produziert wird, genau daran kranke: „dass sie die eigene Weltanschauung nicht als ihre Grundlage mitformuliert. Architektur muss also ideologischer werden.“161 Denn „[…] die vielleicht verständliche Angst gerade der Deutschen, sich dem Thema der Ideologie anzunähern und sie geradezu auszuklammern aus dem eigenen Tun, ist meines Erachtens eine zentrale Schwachstelle der architektonischen Produktion in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg.“162

Abb. 17

Fazit als Wiedervorlage: Zur Aktualität der ARCH+ 2019 Klaus Heinrich: Dahlemer Vorlesungen – Karl Friedrich Schinkel / Albert Speer – Eine architektonische Auseinandersetzung mit dem NS (2015)

Bereits im Jahre 2015 war die ARCH+ 219 Klaus Heinrich: Dahlemer Vorlesungen – Karl Friedrich Schinkel / Albert Speer – Eine architektonische Auseinandersetzung mit dem NS erschienen [Abb. 17], aber bemerkenswerterweise wird dieser intellektuell überaus gewichtige Versuch, das Phänomen Speer im Kontext größerer gewalttheoretischer Zusammenhänge zu begreifen, weder von Sebastian Tesch, noch Magnus Brechtken noch Wolfgang Schroeter noch Frederike Lausch erwähnt – nur Isabell Trommer widmet ihm immerhin eine Fußnote.163 Klaus Heinrich (1927–2020), Mitbegründer der Freien Universität und dort Professor für Religionswissenschaften von 1971 bis 1995, hielt an seiner Alma Mater im Sommersemester 1978 bzw. Wintersemester 1979/80 Vorlesungen zum Klassizismus und zu Speer, die von frappierten Zuhörer*innen, die sich des exzeptionellen Charakters des Vorgetragenen bewusst waren, trotz des professoralen Mitschnittverbots aufgenommen wurden. Jahrzehnte später gelang es der ARCH+-Redaktion dankenswerterweise, die Bänder aufzutreiben, sie zu transkribieren und vom mittlerweile hochbetagten Referenten zur Veröffentlichung freigeben zu lassen (und sie unglücklicherweise kommentarlos u.a. von den beiden weiter oben erwähnten Krier-Manipulationen Speer‘scher Modellfotografien zu bebildern). Heinrich ist kein quellenkritischer Historiker (das war in Sachen Speer bis Brechtken und ein paar wenigen Anderen ohnehin so gut wie niemand) – er übernimmt unhinterfragt Speers Legende einer „Ruinenwertarchitektur“164 ebenso wie den in der Nachkriegsliteratur herumgeisternden angeblichen Namen „Germania“ für die nationalsozialistischen Berlin-Planungen165 (der, wie Tesch dargelegt hat, „ausschließlich bei Henry Picker am 8. Juni 1942 und dann erst wieder in Speers Erinnerungen im Klappentext nachweisbar [ist], nicht aber in den Archivalien“166). Statt einen streng historischen wirft er einen religionsphilosophischen Blick auf den Architekten und NS-Führer – und der ist so hellsichtig und brillant formuliert, dass nun wirklich keine Speer-Rezeption künftig mehr hinter Heinrichs theoretisches Niveau zurückfallen sollte. Die Architektur spielt für ihn insofern eine gewichtige Rolle in der Analyse religiös-kultischer Zusammenhänge, als sie immer auch mit „Veranstaltung“,167 mit „Zurichtung des Lebendigen“168 einher geht. Heinrich blickt auf die Geschichte des Planens und Bauens mit einer primären Aufmerksamkeit für „Kultgeschichte als einer Geschichte der gelingenden oder nicht gelingenden Massenrepräsentation“.169 Man kann, so der Religionsphilosoph, „keine Architektur ohne Kultzusammenhang denken“.170

Schon gar nicht die Architektur von Albert Speer. Dessen Aufstieg, der auch und vor allem von vielen NSDAP-Parteitagsszenografien begleitet war, ist für Heinrich deswegen so symptomatisch für die Entwicklung Deutschlands nach 1933, weil in seiner Person eine enge Verbindung aufscheint „zwischen der Veranstaltungsform und dem, was Veranstaltung bis zuletzt möglich macht, nämlich die kontrollierte und mit Macht durchsetzte Technologie“.171 Der Religionsphilosoph geht entsprechend auf die „Grundstimmung der Angst“172 in Speers Architekturen ein, auf die „Opferstimmung“173 – die er beispielsweise nicht nur an der Pergamonaltar-Paraphrase der Nürnberger Zeppelintribüne ausmacht,174 sondern auch an den teils heute noch stehenden Speer’schen Straßenlaternen der Berliner Ost-West-Achse (heute u.a. „Straße des 17. Juni“), die so genannten „OWA-Kandelaber“. Sie interpretiert Heinrich als Urnen und damit als „Praxis der Opferveranstaltung“:175 „Aus Urnen kommt das Licht. Beleuchtete Urnen säumen Ihren Weg, wenn Sie durch diese Straßenzüge spazieren gehen.“176 In einer Art coincidentia oppositorum beschreibt Heinrich die für Berlin geplante Speer’sche Monumentalarchitektur als „Lagerarchitektur“: Die Stadt […] wird zum Lager, aus dem man jederzeit ausmarschieren kann und in das man wieder zurückkehrt. […] Die Belagerung der Städte, also das, was von Lagern ausgeht, in denen die Kriegführenden sitzen, wird in das Innere der Städte selbst getragen.“177 Lange vor Giorgio Agambens Homo-sacer-Analyse178 beschreibt Heinrich den Nationalsozialismus als Lagerkontinuum: „Und es sind nicht nur die vielen, vielen Lager außerhalb der Städte – ‚Erntelager‘, ‚Wehrertüchtigungslager‘, ‚Arbeitsdienstlager‘, ‚Übungslager‘, ‚Jugendlager‘ oder ‚Landverschickungslager‘ –, sondern es ist jetzt die Figur des Lagers als das wüste Draußen, von der aus sich alles ableitet. Das Marschieren in das Innere der Städte ist das, was Speer mit den monumentalen Bauten an der Nord-Süd-Achse eigentlich hinzustellen beabsichtigt. Wir haben es also mit einem paradoxen Vorgang zu tun, nämlich der Monumentalisierung des Lagers, bei der Verewigung und Lager keine Gegensätze mehr bilden, sondern in eins fallen: Verewigung des Lagers.“179 Gleichsam als furchtbarer Kulminationspunkt dieser Lagerrealität erscheint die „Große Halle“ genannte Versammlungsstätte für 150.000 Menschen, die Speer direkt neben dem Berliner Reichstag und dem Brandenburger Tor avisierte: „Es gibt kein Nach-außen-Entkommen mehr. […] Wer einmal den Raum der Großen Halle betritt, der zum Zerschmettern der Masse gedacht ist, ist tatsächlich gefangen.“180

Mit seinem an Kulthandlungen, Opferritualen und (Massen-)Bewegungsformen trainierten Blick gelingt es Heinrich, das insbesondere im Rahmen der Speer-Rezeption traditionell heftig debattierte Verhältnis von Architektur bzw. Kunst und Politik von den Unterkomplexitäten sowohl der Ineinssetzung (etwa Brechtkens „Rassenideologie in Stein“) als auch der Auseinanderdividierung (die bei Speer selbst, aber auch bei Siedler, Fest sowie Krier zutage tritt und noch in Bächers Indifferenz aufscheint) fern zu halten. Heinrich spart hierbei nicht mit heftiger Kritik insbesondere an Fest, dem er eine „Rechtfertigung“ des Nationalsozialismus insofern vorwirft, als er als dessen Kern eine „Suche nach kollektiver Wärme“181 auszumachen glaubt: „Denn was der Analyse bedarf“, so führt der Religionswissenschaftler gegen Fest aus, „ist ja, dass etwas ganz anderes als kollektive Wärme von Anfang als attraktiv mitangeboten wird, dass es also nicht so ist, dass die Kollektiv-Wärme-Suchenden dann, ohne es zu wollen, in die Massenmordunternehmungen hineinmarschiert wären respektive sie niemals haben zur Kenntnis nehmen müssen.“182 Entsprechend setzt Heinrich gegen das Fest’sche Wärmesuchbild die gemischten Figuren von gewaltbereiten Zugerichteten: „Die so als Opfer Stilisierten können sich zu gleicher Zeit als Henker betätigen. Inbrunst und Zynismus wohnen dann in ein und der gleichen Person.“183 Mit seinen Speer und dem Klassizismus gewidmeten Vorlesungen, die im Rahmen eines Zyklus mit dem Titel „Zum Verhältnis von ästhetischem und transzendentalem Subjekt“ gehalten wurden, legt Heinrich nichts weniger als eine Rückkehr des Verdrängten in Gestalt von Architektur vor: „In den Religionen finden wir das Verdrängte der Philosophie: Morde, Hinrichtungen, Inzeste, Vernichtungsfantasien etc. Wenn man Geschichte real kennenlernen will, dann muss man sich damit – mit den Verfolgungen, mit den Aktionen der Ausrottung und so weiter – beschäftigen, sonst ist man in einem Traumkarussell gefangen.“184

1 Sebastian Tesch: Albert Speer (1905–1981), Wien / Köln / Weimar 2016, S. 6

2 Albert Speer: „Vorwort“, in ders.: Architektur – Arbeiten 1933–1942, Berlin 1995 [1978], S. 7

3 Ebd.

4 Ebd.

5 Ebd.

6 Ebd., S. 8.

7 Vgl. Magnus Brechtken: Albert Speer: Eine deutsche Karriere, München 2017, S. 407

8 Vgl. Léon Krier, in: „Albert Speer? – Das war gute Architektur – Léon Krier im Gespräch mit Rainer Haubrich“, in: Die Welt, 7. April 2016, www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article154083485/Albert-Speer-Das-war-gute-Architektur.html (Stand: 13.6.2022)

9 Léon Krier: Albert Speer – Architecture 1932-1942, Brüssel 1985; Neuauflage mit Vorwort von Robert A. M. Stern: New York 2013

10 Vgl. Brechtken 2017 (wie Anm. 7), S. 812 (Fußnote 53)

11 Was Krier später, in dem Welt-Interview mit Rainer Haubrich anlässlich des 70. Geburtstages des Architekten, nicht davon abhalten sollte kundzutun: „Das Buch hat mich geärgert. Denn viele der Texte waren flach, auch die Einführung von Speer selbst, geradezu tölpelhaft.“

12 Léon Krier schreibt am 25. Juli 2022 in einer Email an den Verfasser: „Das Bild ist zusammen gestellt aus zwei Modell Bildern die den Hitler Palast und die Große Halle separat illustrierten. Den Sternen Himmel haben wir dazu gedichtet. Es gab kein Foto das die Immensität des Platzes anschaulich machte.“

13 Léon Krier schreibt am 25. Juli 2022 in einer Email an den Verfasser: „Die Massenszene stammt, soweit ich mich erinnere, aus der Illustrazione Italiana (Mai 1936?) zur ‚Proclamazione del Impero‘ auf der Piazza Venezia in Rom. Ich tat dies um auch hier die Immensität des Kuppelraumes anschaulich zu machen.“

14 Krier 2016 (wie Anm. 8)

15 Das Bild befindet sich heute Krier-Archiv der University of Notre Dame Indiana, so Léon Krier am 29. Juli 2022 in einer Email an den Verfasser.

16 Léon Krier: „Eine Architektur der Sehnsucht“ (1985), in: Bauwelt 28/29: „Die große Speerfeier des Léon Krier“, 78/1987, S. 1033

17 Ebd., S. 1037

18 Gottfried Feder: Die neue Stadt – Versuch der Begründung einer neuen Stadtplanungskunst aus der sozialen Struktur der Bevölkerung, Berlin 1939

19 Krier 1987 (wie Anm. 16), S. 1037

20 Ebd., S. 1043

21 Ebd., S. 1038

22 Ebd., S. 1039

23 Ebd.

24 Ebd., S. 1040

25 Ebd., S. 1045

26 Ulrich Conrads: „Zu diesem Heft“, in: Bauwelt 1987 (wie Anm. 16), S. 1030

27 Neben der von Peter Neitzke wurden in der Bauwelt-Ausgabe auch kritische Repliken u.a. von Christoph Hackelsberger, Wolfgang Schäche und Robert Frank veröffentlicht.

28 Peter Neitzke: „Wollüstige Beklemmung – hinreißende Bilder – Die Auslöschung der Erinnerung in Léon Kriers ‚Architektur der Sehnsucht‘“, in: Bauwelt 1987 (wie Anm. 16), S. 1048

29 Ebd., S. 1055

30 Ebd.

31 Hartmut Frank: „Großartig und sublim? – Die unkritischen Sehnsüchte des Léon Krier – Rezension des Buches Albert Speer: Architecture – 1932-1942, in: Die Zeit, 16.1.1987, www.zeit.de/1987/04/grossartig-und-sublim (Stand: 5.8.2022)

32 Ebd.

33 Ebd.

34 Ebd.

35 Ebd.

36 Stephan Trüby: „Rezension des Buches Paul Schmitthenner – Architekt der gebauten Form (2021) von Wolfgang Voigt und Hartmut Frank“, in: ARCH+, 21.1.2022, archplus.net/de/trueby-liest-paul-schmitthenner/ (Stand: 5.8.2022)

37 Krier macht hierfür insbesondere den amerikanischen (und jüdischen) Architekten Peter Eisenman verantwortlich, der angeblich die „Verleumdung“ verbreitete, Krier „sei ein Nazi“. Siehe Krier 2016 (wie Anm. 8)

38 Auf die Neuveröffentlichung folgte eine weitere Welle kritischer Rezension, etwa von Michael Sorkin: „Hitler’s Classical Architect – Why is Léon Krier defending anew the work of the Third Reich’s master builder?“, in: The Nation, 21.5.2013, www.thenation.com/article/archive/hitlers-classical-architect/ (Stand: 13.6.2022)

39 Siehe Krier 2016 (wie Anm. 8)

40 Matthias Schmidt: Albert Speer – Das Ende eines Mythos – Speers wahre Rolle im Dritten Reich, Bern / München 1982

41 Und zwar als zweiter Band. Als ersten Band dieser Reihe legte im Jahre 2012 Timo Nüßlein das Buch Paul Ludwig Troost (1878– 1934) vor, dann folgte im Jahre 2014 von Lioba Schmitt-Imkamp als Band 3 das Buch Roderich Fick (1886–1955). Band 2 erschien als nach Band 3.

42 Winfried Nerdinger, Raphael Rosenberg: „Vorwort“, in: Tesch 2016 (wie Anm. 1) S. VI

43 Tesch 2016 (wie Anm. 1), S. 1

44 Ebd.

45 Ebd., S. 24

46 Susanne Willems: Der entsiedelte Jude – Albert Speers Wohnungsmarktpolitik für den Berliner Hauptstadtbau, Berlin 2018

47 Tesch 2016 (wie Anm. 1), S. 3

48 Vgl. ebd., S. 25

49 Vgl. ebd., S. 227

50 Ebd., 157

51 Ebd., S. 156

52 Ebd.

53 Ebd.

54 Ebd., S. 157

55 Ebd.

56 Ebd., S. 158

57 Vgl. ebd.

58 Vgl. ebd., S. 176

59 Ebd., S. 179

60 Ebd., S. 180.

61 Ebd.

62 Ebd., S. 184

63 Ebd., S. 227

64 Isabell Trommer: Rechtfertigung und Entlastung – Albert Speer in der Bundesrepublik, Frankfurt a. M. 2016, S. 8

65 Ebd., S. 15

66 Harald Welzer, Sabine Moeller, Karoline Tschuggnall: „Opa war kein Nazi“ – Nationalsozialismus und Familiengedächtnis, Frankfurt a. M. 2002

67 Vgl. Trommer 2016 (wie Anm. 64), S. 23

68 Ebd., S. 14

69 Vgl. ebd.

70 Ebd., S. 325 f.

71 Ebd., S. 192

72 Ebd., S. 196

73 Ebd., S. 9

74 Ebd., S. 50

75 Enno Georg: Die wirtschaftlichen Unternehmungen der SS, München 1963

76 Trommer 2016 (wie Anm. 64), S. 20 f.

77 Vgl. ebd., S. 20

78 Vgl. ebd., S. 20 f.

79 Ebd., S. 21

80 Ebd., S. 97

81 Ebd., S. 122

82 Vgl. ebd., S. 192

83 Ebd., S. 322

84 Ebd., S. 134

85 Ebd.

86 Zit. nach ebd., S. 252

87 Heinrich Breloer, Rainer Zimmer: Die Akte Speer – Spuren eines Kriegsverbrechers, Berlin 2006

88 Trommer 2016 (wie Anm. 64), S. 18

89 Vgl. ebd., S. 221

90 Ebd., S. 223

91 Zit. nach ebd., S. 224

92 Vgl. ebd.

93 Max Bächer: „Albert Speers Architektur: Klotzig, troostlos, speerlich – Über den Größenwahn von Kleinbürgern“, in: Die Zeit, 6.4.1979, www.zeit.de/1979/15/klotzig-troostlos-speerlich (Stand: 5.8.2022). Trommer übernimmt von der Onlinefassung die Umbenennung Bächers in „Bacher“, die wohl auf eine automatisierte Digitalisierung zurückzuführen ist.

94 Brechtken 2017 (wie Anm. 7), S. 9

95 Ebd.

96 Ebd.

97 Ebd., S. 69

98 Ebd., S. 13

99 Zit. nach ebd., S. 19

100 Ebd. Diese Beobachtung übernimmt Brechtken von Matthias Schmidt: Albert Speer – Das Ende eines Mythos – Speers wahre Rolle im Dritten Reich, München 1982

101 Angela Schönberger: Die neue Reichskanzlei von Albert Speer – Zum Zusammenhang von nationalsozialistischer Ideologie und Architektur, Berlin 1981 

102 Zit. nach Brechtken 2017 (wie Anm. 7), S. 94

103 Ebd., S. 91

104 Ebd., S. 310

105 Vgl. ebd., S. 305

106 Vgl. ebd.

107 Gitta Sereny: Das Ringen mit der Wahrheit – Albert Speer und das deutsche Trauma, München 1995

108 Brechtken 2017 (wie Anm. 7), S. 21

109 Martin Kitchen: Speer: Hitler's Architect, New Haven / London 2015

110 Brechtken 2017 (wie Anm. 7), S. 14.

111 Ebd., S. 391.

112 Joachim Fest: Speer – Eine Biographie, Berlin 1999

113 Brechtken 2017 (wie Anm. 7), S. 555

114 Ebd., S. 559

115 Ebd.

116 Joachim Fest, zit. ebd. S. 558

117 Ebd., S. 19 f.

118 Ebd., S. 398

119 Ebd., S. 546

120 Vgl. ebd., S. 563 f.

121 Ebd., S. 565

122 www.topographie.de/ausstellungen/sonderausstellungen/ (Stand: 5.8.2022)

123 Rolf-Dieter Müller: „Albert Speer: Spätere Hinrichtung nicht ausgeschlossen ...“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5.6.2017, www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/albert-speer-spaetere-hinrichtung-nicht-ausgeschlossen-15047842.html (Stand: 4.8.2022)

124 Wolfgang Schroeter: Albert Speer – Aufstieg und Fall eines Mythos, Paderborn 2019, S. 1

125 Ebd., S. 354

126 Ebd., 280 f.

127 Ebd., S. 3

128 Heinz Bude: „‚Generation‘ im Kontext – Von den Kriegs- zu den Wohlfahrtsstaatgenerationen“, in: Ulrike Jureit, Michael Wildt (Hg.): Generationen – Zur Relevanz eines wissenschaftlichen Grundbegriffs, Hamburg 2005

129 Norbert Frei: 1945 und wirDas Dritte Reich im Bewusstsein der Deutschen, München 2005

130 Ulrich Herbert: „Generationenfolge in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts“, in: Jürgen Reulecke (Hg.): Generationalität und Lebensgeschichte im 20. Jahrhundert, München 2003

131 Florian Illies: Generation Golf – Eine Inspektion, Frankfurt a. M. 2000

132 Michael Wildt: Generation des Unbedingten – Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg 2002

133 Schroeter 2019 (wie Anm. 124), S. 6

134 Ebd.

135 Ebd., S. 351

136 Noltes Aufsatz erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 6.6.1986.

137 Vgl. Schroeter 2019 (wie Anm. 124), S. 146

138 Hannes Heer: Hitler war’s! – Die Befreiung der Deutschen von ihrer Vergangenheit, Berlin 2008

139 Schroeter 2019 (wie Anm. 124), S. 298 (Fußnote 242)

140 Ebd., S. 354

141 Wolfgang Schäche: Architektur und Städtebau in Berlin zwischen 1933 und 1945 – Planen und Bauen unter der Ägide der Stadtverwaltung, Berlin 1991 

142 Vgl. Schroeter 2019 (wie Anm. 124), S. 324

143 Ebd., S. 229

144 Ebd.

145 Ebd.

146 Vgl. ebd., S. 321

147 Ebd., S. 322

148 Vgl. Oliver Elser, Philip Kurz: „Vorwort“, in: Frederike Lausch: Faschismus und Architektur – Max Bächers Auseinandersetzung mit Albert Speer, Weimar 2021, S. 22. Siehe hierzu auch Frederike Lausch, Oliver Elser, Carsten Ruhl, Christiane Salge (Hg.): Max Bächer – 50 Meter Archiv, Weimar 2019

149 Lausch 2021 (wie Anm. 148), S. 87

150 Ebd., S. 3

151 Ebd. S. 5 f.

152 Max Bächer: „Albert Speers Architektur: Klotzig, troostlos, speerlich – Über den Größenwahn von Kleinbürgern“, in: Die Zeit, 6.4.1979, www.zeit.de/1979/15/klotzig-troostlos-speerlich (Stand: 5.8.2022). Der Artikel ist in Lauschs Buch auf S. 168 abgedruckt.

153 Max Bächer: „Offener Brief“, in: Der Architekt, 20.5.1979; wiederabgedruckt in: Lausch 2021 (wie Anm. 148), S. 172

154 Lausch 2021 (wie Anm. 148), S. 69

155 Ebd., S. 37

156 Ebd., S. 103

157 Vgl. ebd., S. 57

158 Vgl. ebd., S. 55 f.

159 Ebd., S. 59

160 Arno Brandlhuber, zit. nach „‚Architektur muss ideologischer werden‘ – Arno Brandlhuber im Gespräch mit Stephan Trüby und Verena Hartbaum“, in: Stephan Trüby, Verena Hartbaum (Hg.): Germania Venezia – Die deutschen Beiträge zur Architekturbiennale Venedig seit 199 –. Eine Oral History, Paderborn 2016, S. 171

161 Ebd.

162 Ebd., S. 170

163 Vgl. Trommer 2016 (wie Anm. 64), S. 220 (Fußnote 4)

164 Klaus Heinrich: „Die Totalveranstaltung des politischen Subjekts im NS“ (1980), in: ARCH+ 219 Klaus Heinrich: Dahlemer Vorlesungen – Karl Friedrich Schinkel / Albert Speer – Eine architektonische Auseinandersetzung mit dem NS, Juli 2015, S. 205

165 Klaus Heinrich: „Die Lagerrealität im NS“ (1980), in: ARCH+ 2015 (wie Anm. 164), S. 192

166 Tesch 2016 (wie Anm. 1), S. 108

167 Klaus Heinrich, zit. nach „Klaus Heinrich im Gespräch mit Nikolaus Kuhnert und Anh-Linh Ngo: ‚Der Architektur ein Bewusstsein ihrer selbst zu geben‘ – Ein Editorial“, in: ARCH+ 2015 (wie Anm. 164), S. 5

168 Ebd.

169 Klaus Heinrich: „Die bürgerliche Sphäre des Klassizismus“ (1978), in: ARCH+ 2015 (wie Anm. 164), S. 83

170 Klaus Heinrich: „Karl Friedrich Schinkel und Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff“ (1978); in: Ebd., S. 28.

171 Klaus Heinrich: „Willfährigkeit des Klassizismus?“ (1978), in: Ebd. S. 20

172 Klaus Heinrich: „Die Bewegungsformen des ästhetischen Subjekts: Wandeln – Wandern – Marschieren“ (1979), in: Ebd., S. 163

173 Ebd.

174 Vgl. ebd., S. 23

175 Ebd., S. 205

176 Ebd., S. 20

177 Ebd., S. 186

178 Giorgio Agamben: Homo sacer – Die souveräne Macht und das nackte Leben, Frankfurt a. M. 2002 [1995]

179 ARCH+ 2015 (wie Anm. 164), S. 204

180 Ebd., 192

181 Ebd., S. 186

182 Ebd., S. 183

183 Ebd., S. 204

184 Ebd., S. 3