Yona Friedmann – Architekt der Ideen
Von Wissenschaftlern erwartet man, dass sie publizieren, von Architekten, dass sie bauen. Aber auch das reine Konzept kann in der Architektur von entscheidender Wirkung sein. Die Bedeutung des Architekten Yona Friedman, geboren 1923, liegt in seiner Wirkung als „Architekt der Ideen“ und in deren Interaktion mit den zentralen Strömungen der Architektur des 20. Jahrhunderts.
Friedman führt viele seiner Ideen auf Erfahrungen der Nachkriegszeit in seiner Heimatstadt Budapest zurück. Damals waren für Friedman scheinbare Gewissheiten durch die vorangegangenen Ereignisse zerstoben. Diese persönliche Situation traf zusammen mit einem Interesse für die Vorlesungen Werner Heisenbergs über die Quantenmechanik und die Unschärferelation. Friedman war fasziniert von dem Gedanken, dass ein Experiment vielfältige Ergebnisse haben kann. Er gelangte zu der Überzeugung, dass es kein auf messbaren Eigenschaften basiertes Design für den Durchschnittsmenschen oder die Gruppe geben konnte.
Friedman entwickelte in den 1960er Jahren eine Methode zur Beschreibung menschlichen Verhaltens in der Stadt, den Mécanisme urbain: „Die Grundidee besteht darin, dass es Hindernisse gibt und dass die Menschen ihre Wege in einem Labyrinth voller Hindernisse zurücklegen … Und über ihre Fortbewegungen weiß man nichts. Auf der einen Seite tritt jemand in das Labyrinth ein, auf der anderen Seite tritt jemand heraus, ob es dieselbe Person ist, weiß man nicht. Man kann eine Hypothese aufstellen, dass die Menschen alle möglichen Wege des Labyrinths benutzen werden.“ Seine Ideen setzt Friedman mit Feynmans Modell zur Bewegung von Atomen und der Modellierung physikalischer Prozesse mit Hilfe des Computers in Beziehung. In der eigenen Disziplin stießen Friedmans Gedanken damals jedoch auf geringes Interesse.