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ARCH+ verlost 1 x Elements of Architecture von Rem Koolhaas

Rem Koolhaas signiert am Donnerstag, den 29. November, von 16 bis 18 Uhr im Taschen Store auf der Schlüterstraße 39 in Berlin sein neues Buch Elements of Architecture.

Anlässlich des Erscheinens verlost ARCH+ unter allen Leserinnen und Lesern, die sich zwischen dem 22.11.18 und dem 29.11.18 neu für unseren Newsletter anmelden, ein Exemplar des über 2.500 Seiten umfassenden englischsprachigen Grundlagenbuchs (Besprechung siehe weiter unten).

Jetzt anmelden und an der Verlosung im Wert von 100 Euro teilnehmen (der Rechtsweg ist ausgeschlossen): www.archplus.net/newsletter


Normalerweise dauern die Buchprojekte von Rem Koolhaas, der seit seinen Anfängen als Architekt immer wieder Grundlagenbücher zur Architektur herausgibt, mindestens 10 Jahre. Umso erstaunlicher, dass nur vier Jahre nach der viel diskutierten Architekturbiennale Fundamentals, der von Irma Boom wie immer wunderbar gestaltete, 2.528 Seiten starke Band Elements of Architecture erschienen ist. Das „unmögliche“ Buch, das man nicht linear lesen kann, sondern, wie die Herausgeber anmerken, „überleben“ muss, bietet eine viel besser aufbereitete und gestaltete Fassung des bereits zur Biennale erschienenen kleinformatigen Schubers zu den einzelnen auf der Biennale präsentierten Elementen und basiert auf den von Koolhaas geleiteten Forschungsarbeiten der Harvard Graduate School of Design.

Es enthält daneben im Wesentlichen die Beiträge der Autorinnen und Autoren zu den Kapiteln der Ausstellung wie etwa Keller Easterling zum Boden, Manfredo Di Robilant zur Decke (mit c-lab) und zum Fenster (mit Niklas Maak), Stephan Petermann zum Dach (mit Jiren Feng und Fang Zhenning), Alejandro Zaera-Polo zur Fassade (mit Stephan Trüby), Tom Avermaete zum Balkon, Stephan Trüby zum Korridor, die auf dessen Dissertation basiert (hier mit einem Bildessay von Hans Werlemann und einem Essay von Kevin Mcleod ergänzt), Sébastien Marot zum Kamin, Friedrich Mielke Institut für Scalalogie und Stephan Trüby zur Treppe, sowie eine Reihe weiterer Untersuchungen der GSD zu anderen Elementen, darunter Wand, Tür, Toilette, Rolltreppe, Fahrstuhl und Rampe). Ergänzt werden die Studien um einführende Essays von Rem Koolhaas, Stephan Trüby sowie einen Fotoessay von Wolfgang Tillmans. 

Konzipiert als umfangreiche Enzyklopädie – ein im digitalen Zeitalter eher aus der Mode gefallenes Format –, versucht die Publikation die Unvollständigkeit nicht zu kaschieren, sondern die selektive Sammelwust und Sammellust eher zu betonen, indem sie einzelne, auch abseitige und nerdige Seitenarme überbetont, wie dies etwa bei der Scalalogie des Friedrich Mielke der Fall ist. Ein Wiki-Buch mit unendlich vielen Quellen, Verweisen, Referenzen, Zeitschichtungen und Ebenen, in dem man sich verlieren muss, auch und gerade in den Lücken und Brüchen.

Was aber hat diese scheinbar unzusammenhängende Zusammenstellung architektonischer Elemente zu bedeuten, die bewusst auf die Konstruktion einer neuen Ganzheitlichkeit verzichtet? Eine mögliche Erklärung bietet eine Beobachtung von Julius Posener, auf die wir in unserer Einleitung zur Neuausgabe seiner berühmten Vorlesungen hingewiesen haben. Posener sieht eine Korrelation zwischen der nachlassenden gesellschaftlichen Bindung der bürgerlichen Gesellschaft und der Auflösung der Stadt sowie der Verselbständigung der architektonischen Elemente. Anders gesagt, geht es um das zugrunde liegende Bewusstsein der gesellschaftlichen Emanzipation, die auch in der architektonischen Individualisierung zum Ausdruck kommt.

Über das Herrenhaus Holkham Hall von William Kent schreibt Posener: „Nicht nur die Baukörper […] werden selbständig, ihre Teile werden es; endlich verselbständigt sich jedes einzelne Fenster. Aus ‚Anstand‘ bleibt die Symmetrie gewahrt, aber der barocke Verband des Gebäudes fällt auseinander. Das aber ist in der Tat der Weg zu einer Verbürgerlichung, nämlich zur Selbständigkeit der Einzelteile gegenüber dem Gesamtverband: zur Selbständigkeit der Individuen gegenüber der gesellschaftlichen Bindung, so darf man es durchaus interpretieren.“

Beim Durchblättern des Kompendiums (das eigentliche Lesen muss man wie gesagt erst überleben) wird eines klar: Architektonische Elemente stehen nicht außerhalb gesellschaftlicher Entwicklungen. Sie sind keineswegs rein technischer Natur. Ihre Auflösung in Einzelteile lässt sich daher auch nicht mit einer wie auch immer gearteten imaginierten ganzheitlichen Bedeutung rückgängig machen. Insofern widerspricht das nachgelieferte Buch in gewisser Weise dem Titel der Koolhaas-Biennale: Es gibt keine „fundamentals“ mehr, die universelle Geltung beanspruchen könnten, allenfalls nur noch „basics“, Grundkenntnisse, um sich im Dickicht der Disziplin zurechtzufinden. Denn statt sozusagen neuen Säulenordnungen auf die Spur zu kommen, bleibt die Erkenntnis, dass die Architektur mehr denn je erklärungsbedürftig ist. In dieser Hinsicht leistet dieses Mammutwerk einen unterhaltsamen Beitrag. 

Anh-Linh Ngo