ARCH+ 151
Die Kultivierung des Zwischenraums
Jörg Rainer Noennig und Nikolaus Knebel:
Die japanische Stadt besteht
nach wie vor aus dem einzelnen Haus als Grundeinheit. Wenn man durch
die Wohngegenden der 30-Millionen-Metropole geht, ist man überrascht
von der kleinteiligen, geradezu dörflich anmutenden Atmosphäre inmitten
der sich unendlich ausdehnenden Großstadt. Haus an Haus in Straßen, die
oft nicht mehr als ein paar Meter breit sind. Die meist zwei- bis
dreigeschossigen Häuser stehen so dicht, daß die Fenster mit
transluzenten Scheiben verglast werden. Sie dienen nur dem Lichteinfall
und nicht der Aussicht. In den kleinen Sträßchen gibt es kaum
Autoverkehr, dafür aber eine sehr nachbarschaftliche Atmosphäre. Das
Leben in der japanischen Stadt hat eine Dimension, die man – positiv
oder negativ betrachtet – als Intimität oder als Enge lesen kann.