Normcore: Die Radikalität des Normalen in Flandern

Indem sie sich mit dem Alltäglichen auseinandersetzen, verwandeln die hier vorgestellten flämischen Architekten die Normalität der belgischen Lebenswelt in eine architektonische Strategie. Bei dieser erfinderischen Übersetzung des Alltäglichen in Architektur wird das Normale als Statement, ja als Haltung radikalisiert und produktiv gewendet. Eine ähnliche Strategie können wir derzeit auch in der Mode und im Design beobachten. Dieser Trend sucht in einer auf Konsum und Äußerlichkeiten fixierten Welt durch das Beharren auf Normalität die Befreiung von den Zwängen des letzten Schreis, und damit vom Konsumzwang überhaupt. Dafür hat sich der Begriff normcore eingebürgert. …

Gent, Juni 1974.

Wenn wir heute über Architektur in Flandern sprechen, dann nicht deshalb, weil sich das Gebaute hier auf ein allgemeinverbindliches Idiom oder einen gemeinsamen Ansatz zurückführen ließe.

Wir glauben an Geschichte als Materie. Materie, mit der man arbeitet, in Dialog tritt und die man gestaltet.

Die Gegend um den Leiekaai, westlich des Genter Stadtzentrums gelegen, zeichnet sich durch eine heterogene Struktur aus, die man in der flämischen Stadt ansonsten selten findet; niedrige Arbeiterhäuser stehen neben 25-geschossigen Wohntürmen aus der Nachkriegszeit.

Im Archiv des Museum of Modern Art in New York waren die Pläne Mies van der Rohes für das Klubhaus eines Krefelder Golfklubs entdeckt worden.

Im mittelalterlichen Stadtkern Kortrijks, in unmittelbarer Nähe sowohl zum Großen Markt als auch zu Sehenswürdigkeiten wie der mittelalterlichen Frauenkirche, entstand eines der größten innerstädtischen Einkaufszentren Belgiens mit über 30.000 Quadratmetern Verkaufsfläche.

In einem ersten städtebaulichen Wettbewerb zur Neugestaltung und Wiederbelebung des Stadtzentrums, der 1996 stattfand, wurden die Architekturbüros Robbrecht en Daem sowie MJosé Van Hee disqualifiziert, da ihr Entwurf nicht den Wettbewerbsvorgaben entsprach:

Im Zentrum der kleinen Gemeinde Opwijk, die sich etwa 20 Kilometer nordwestlich von Brüssel befindet, ist nach Plänen von MJosé Van Hee Architecten ein Wohnhaus für eine Familie mit drei Kindern entstanden, in dem sich zudem eine kinderpsychiatrische Praxis befindet.

Zwischen den Baumkronen eines Obstgartens nahe Zuidzande in der niederländischen Region Seeländisch Flandern erhebt sich unweit der Küste ein abstrakter Körper, der erst beim Näherkommen als Wohnhaus zu erkennen ist.

Die Architektur in Flandern zeichnet sich heute vielfach dadurch aus, dass viele flämische Architekten auf interessante Weise mit dem Kontext umgehen.

Das in Ostflandern liegende Zomergem hat derzeit nur etwa 8.300 Einwohner. Aber die Gemeinde wächst beständig, nicht zuletzt, weil von hier aus Gent, Brügge und Antwerpen rasch zu erreichen sind.

Das Erscheinungsbild des freistehenden Einfamilienhauses östlich von Gent, dessen Gestalt sich an der Architektur italienischer Palazzi orientiert, steht in deutlichem Kontrast zu seiner Erschließung:

Flandern wird größtenteils durch eine hybride Siedlungsform geprägt, die zwischen ländlicher und städtischer Raumstruktur changiert – den sogenannten sprawl.

Wenn wir über eine ‚flämische Identität‘ der Architektur in Flandern sprechen, so sprechen wir eigentlich über die Bedingungen, die sowohl unsere Tätigkeit als auch die unserer Kollegen beeinflussen und die in scheinbar gleichartigen Herangehensweisen resultieren.

Im Zentrum Gents, inmitten einer Folge von Reihenhäusern, ist nach dem Abriss eines älteren Wohngebäudes ein Haus nach Plänen von Dierendonck Blancke Architecten in einer nur etwa drei Meter breiten Baulücke entstanden.

Der Stadtteil Ledeberg, ein ehemaliger Industriestandort im Südosten von Gent, befindet sich im Umbruch. Einerseits ist er verarmt und weist dementsprechend eine vernachlässigte Bausubstanz auf, andererseits besticht er durch Lebendigkeit und günstigen Wohnraum.

Architektur für den Alltag

Stefan Devoldere im Gespräch mit Anh-Linh Ngo

Anhand der vier Kavel-Projekte (kavel = Parzelle) von De Vylder Vinck Taillieu lässt sich ein besonderes Verfahren der Stadtentwicklung in Flandern zeigen, das – wie in diesem Fall – zu architektonisch außergewöhnlich ambitionierten Projekten geführt hat.

Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges galt Gent als einer der wichtigsten Standorte der Textilindustrie.

Wie anderen Projekten des Büros ging auch diesem Entwurf eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kontext voraus. So veranlassten die Architekten einerseits, dass die Bäume nicht gefällt, sondern Teil des Projektes wurden.

Statt aber der Landschaft ein weiteres Objekt gegenüberzustellen, verfolgt der Entwurf von De Vylder Vinck Taillieu die Absicht, das Haus BM in seine Umgebung zu integrieren.

Der Entwurf war einer von hundert Beiträgen zum Siedlungsprojekt Ordos 100, das unter der Leitung von Herzog & de Meuron und Ai Weiwei stand.

Um sowohl dem schlechten baulichen Zustand als auch den sozialen Missständen entgegenzuwirken, wurde 2005 ein Masterplan zur Regeneration des Quartiers beschlossen.

Mehr und mehr nimmt auch die Adaption bestehender Bauten eine wichtige Rolle im Werk von De Vylder Vinck Taillieu architecten ein. So auch bei diesem Projekt im historischen Zentrums Gents, bei dem ein Stadthaus aus dem 19. Jahrhundert in ein Bekleidungsgeschäft mit darüberlie- gendem Apartment umgewandelt wurde.

Südlich des Genter Stadtzentrums entstand in den vergangenen Jahren das Musikzentrum De Bijloke, zu dem auch die Neubauten zweier Studios für die Probenarbeit einer Tanzcompagnie und eines Musiktheater-Ensembles gehören.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die westflämische Hafenstadt Ostende stark zerstört. Im Rahmen ihres Wiederaufbaus wurde im Zentrum das Postgebäude nach Plänen des Architekten Gaston Eysselinck errichtet.

Collectief Noord ist ein Architektur­büro mit Sitz in Antwerpen.

Wie im Projekt in der Langen Beeldekens­straat sah sich das Antwerpener Büro Collectief Noord auch bei der Erweite­rung der Grundschule Alberreke einem Grundstück im Innern eines städtischen Blocks gegenüber, das nur über eine schmale Baulücke mit dem Straßenraum verbunden ist.

Entstanden ist ein Ensemble aus vier Bauten.

Flandern erfreut sich seit etwa 25 Jahren einer unglaublich florierenden Architekturszene. Die internationale und die einheimische Kritik sind sich einig, dass die flämische Architektur in dieser Zeitspanne den Durchbruch mehrerer Generationen junger Architekten erlebte, die sowohl innerhalb Belgiens als auch im Ausland bemerkenswerte Bauten entworfen und eine überraschende Vitalität an den Tag gelegt haben. Gelegentlich wird der derzeitige Höhenflug der Architektur in Flandern sogar mit dem entsprechenden Boom in der Schweiz der 1980er- und der Niederlande der 1990er-Jahre verglichen.

Belgien ist ein sehr dicht bevölkertes Land, das zugleich stark zersiedelt ist. Folglich gibt es kaum unberührte Landstriche.

Der ursprüngliche Masterplan für den Genter Campus der Kunstakademie Sint-Lucas, der durch das Büro Xaveer de Geyter Architects entwickelt wurde, sah den Neubau eines Atelierhauses und einer Bibliothek, die Renovierung mehrerer Bestandsbauten und die Neugestaltung der Freiflächen vor. Realisiert wurde jedoch nur der Neubau des Ateliergebäudes und die Restaurierung eines kleinen, auf pilotis stehenden Ausstellungspavillons im Innenhof.

Am Brüsseler Autobahnring, der die Verwaltungsgrenze zwischen den Regionen Brüssel-Hauptstadt und Flandern begleitet und als räumliche Schneise zugleich den Übergang zwischen dem urbanen Gefüge der belgischen Kapitale und dem flämischen sprawl markiert, befand sich bis vor wenigen Jahren der Campus einer bilingualen Berufsschule.

Dieser Beitrag handelt von den sich verschiebenden nationalen Identitäten in Belgien, einem kleinen Land an der Grenze zwischen dem germanischen und dem romanischen Sprachraum.

Es hat seine Berechtigung, nach dem Verhältnis unserer Arbeit zur flämischen Architektur zu fragen, da wir in den letzten 15 Jahren ausschließlich in Flandern gearbeitet haben und unsere Arbeit im typisch flämischen Kontext verwurzelt ist.

Universität Hasselt - Restauration und Erweiterung eines ehemaligen Gefängnisses sowie ein Neubau für die Jusristische Fakultät und das Büro des Rektors

Museum Planti-Moretus & Kupferstichkabinett - Erweiterungsbau für einen Lesesaal und Lager

In einem lang­ jährigen Prozess haben noAarchitecten die Mühle restauriert, umgebaut und er­weitert.

Umbau eines ehemaligen Bankgebäudes als Erweiterungsbau

Neubau eines 150kV / 15kV Umspannwerks

Die Geschichte der belgischen Architektur im 20. Jahrhundert ist schnell erzählt: Sie existiert nicht.

Nationales Zentrum zeitgenössischer Kunst

2014 wurde ein Wettbewerb für einen Neubau ausgeschrieben, der an der estnischen Ostseeküste unweit von Tallinn entstehen und neben dem Archiv auch ein Forschungszentrum, einen Konzertsaal sowie Zimmer für Besucher beherbergen soll.

Krematorium und Masterplan

Im Wettbewerb um ein neues Gebäude für Radio Télévision Suisse (RTS) konnte das Brüsseler Büro OFFICE Kersten Geers David Van Severen mit seinem Entwurf für den 35.000 Quadratmeter großen Medienkomplex überzeugen.

Der Neubau der Schule orientiert sich nicht an den Nachbarbauten; seine Ausrichtung folgt vielmehr den dahinterliegenden, institutseigenen Feldern.

Erweiterung einer Villa in der Brüsseler Peripherie

Das Brüsseler Büro setzt einen ringförmigen Bau in die Landschaft, dem die Wohnräume als Fragmente eines Kreises eingeschrieben sind.

Belgischer Pavillon auf der 11. Architekturbiennale in Venedig

Ausstellungspavillon auf der 12. Architekturbiennale in Venedig Architektur

Wall - Szenografische Installation

Oasis – Intervention im städtischen Raum für die 11. Biennale in Sharjah

Seit dem Abzug der Armee finden auf dem früheren Militärgelände De Hoge Rielen in der flämischen Gemeinde Kas­terlee, südlich von Turnhout, vor allem Veranstaltungen der Jugendfreizeit und Workshops statt. Als rund dreißig Jahre nach der Konversion des Areals dessen Infrastruktur erneuert und weitere Mög­lichkeiten zur Unterbringung von Gästen geschaffen werden sollten, galt es, so­ wohl den dichten Wald als auch die Spu­ren der früheren militärischen Nutzung zu erhalten.