Berlin Praxis – Von Handlungsoptionen und politischer Verantwortung

Gerade angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung müssen die Planungsdisziplinen darauf insistieren, dass sie über geeignete Instrumente verfügen, die nicht nur die Aushandlung von Kompromissen ermöglichen, sondern mit denen sich eine Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft entwickeln lässt.

Die drei Berliner Architekten Tobias Hönig (c/o now), Peter Grundmann und Niklas Fanelsa (Atelier Fanelsa) haben aus unterschiedlichen Motiven ihren Arbeitsschwerpunkt im ländlichen Raum. Mit Anh-Linh Ngo diskutieren sie über die Probleme der Stadt und die Potentiale der Peripherie.

Das Entwurfsstudio FAKT am DIA Dessau untersuchte ein abgestecktes Gebiet entlang der Grenze zwischen Berlin und Brandenburg. Gerade nach der zunehmenden Verdichtung der inneren Stadtbereiche werden künftig die halbstädtischen Räume am Rand Berlins und die Grenze zu Brandenburg viel mehr Beachtung finden. 

Die Qualitäten von Berlin als Stadt offenbaren sich erst in der Betrachtung der gesamten, weit ins Brandenburger Umland reichenden Siedlungsfläche. Nur wer auch die Ränder und Grenzbereiche zwischen Berlin und Brandenburg als Raum betrachtet, entdeckt die verborgenen Potentiale und Möglichkeiten eines qualifizierten und neuartigen Wachstums.

Berlin wächst rasant. Um den anhaltenden Zuzug aufzufangen, müssen nicht nur politische und legislative Entscheidungen getroffen, sondern auch schnell neuer Wohnraum geschaffen werden. Nach Schätzungen der Senatsverwaltung werden bis zu 20.000 neue Wohnungen pro Jahr benötigt, bis 2030 insgesamt 194.000.

Angesichts der Wohnungsnot sollen in Berlin in den nächsten 20 Jahren zigtausende Wohnungen neu gebaut werden. Der enorme zeitliche und politische Druck, unter dem die öffentlichen Auftraggeber stehen, birgt die Gefahr, dass Quantität statt Qualität die Oberhand gewinnt. 

Haus 6 von Sauerbruch Hutton befindet sich auf dem ehemaligen, um 1900 errichteten Kasernenareal des preußischen Heeres­bekleidungsamts mit Schneider- und Schusterwerkstätten, Wohn- und Verwaltungsgebäuden sowie einer großen Handwerker­­kaserne im Osten des Berliner Stadtteils Moabit.

Der Schweizer Architekt Christian Kerez verlagerte vor wenigen Jahren seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt nach Berlin. Mit Anh-Linh Ngo und Nikolai von Rosen spricht er über Scheitern als Triebfeder der Berliner Entwicklung und Ängstlichkeit als Todesursache der Architektur.

Berlin wächst und drängt immer weiter an den Rand vor. Freiflächen, Gewerbe- und Produktionsgebiete in äußeren Bezirken wie Lichtenberg werden dabei sowohl von Handwerksbetrieben als auch von Kulturschaffenden zunehmend umworben. Die Herzbergstraße ist eines der Areale, an denen solche unterschiedlichen Interessen aufeinandertreffen.