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Neustadt, Julius von Bismarck und Marta Dyachenko, Emscherkunstweg, 2021 © Julius von Bismarck/Marta Dyachenko
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Abriss-Moratorium

Offener Brief an Bundesbauministerin Klara Geywitz

eine breite Koalition von Architekt*innen, Akademiker*innen und Institutionen hat am heutigen Montag, 19. September, einen offenen Brief an Bundesbauministerin Klara Geywitz veröffentlicht. Darin fordert die Initiative einen temporären Stopp von Gebäudeabrissen und eine Neuregelung der derzeit gültigen Vorschriften. Künftige Genehmigungen für Abrisse sollen das Gemeinwohl und die gesamte Lebenszkylusanalyse von Gebäuden als zentrale Kriterien einbeziehen. 
 
In Deutschland ist der Gebäudebereich für etwa 35 Prozent des Energieverbrauchs und 40 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Mehr als 70 Prozent der abgebauten Rohstoffe in Deutschland finden in der Bauindustrie Verwendung. Jedes Jahr entstehen 230 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfälle, was 55 Prozent des gesamten deutschen Abfalls ausmacht. Der Gebäudesektor hat 2021 zum zweiten Mal in Folge sein Emissionsminderungsziel verfehlt.
 
Die beiden zentralen baupolitischen Zielsetzungen – die Schaffung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr und die CO2-Neutralität bis 2045 – widersprechen sich diametral, solange die aktuelle Praxis von Abriss und Neubau beibehalten wird. Vor dem Hintergrund der Energie-, Klima- und Biodiversitätskrisen ist diese Praxis für die Initiative nicht mehr zeitgemäß. Ein Abriss-Moratorium führe demnach zu einem verminderten Bedarf an Baustoffen, verringere Treibhausgasemissionen und Energieverbrauch, aktiviere die Potenziale leerstehender Gebäude für die Schaffung neuer Wohnungen und begegne Gentrifizierungs- und Verdrängungseffekten in urbanen Ballungsräumen. Um dies zu erreichen, muss die Politik klare regulatorische Rahmenbedingungen schaffen, so die Forderung.
 
Unter den Erstunterzeichner*innen sind die wichtigsten Institutionen der Baubranche wie der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA, die Architektenkammern mehrerer Bundesländer, Architects for Future, der Deutsche Werkbund, die Deutsche Umwelthilfe, die Baukammer Berlin, AfA – Aktiv für Architektur und German Zero sowie über 170 Einzelpersonen, darunter praktizierende Architekt*innen, Denkmalpfleger*innen, Medienschaffende, Investor*innen, Stadtplaner*innen und Theoretiker*innen.
 
Die Initiative: „Wir fordern ein Abriss-Moratorium: Statt Abriss und Neubau stehen wir für Erhalt, Sanierung, Umbau und Weiterbauen im Bestand. Jeder Abriss bedarf einer Genehmigung unter der Maßgabe des Gemeinwohls, also der Prüfung der sozialen und ökologischen Umweltwirkungen.“
 

Veranstaltungsreihe:
Die Initiative plant eine Veranstaltungsreihe in mehreren Städten, um die Frage eines sozial und ökologisch gerechten Umgangs mit dem Baubestand zu diskutieren und die Öffentlichkeit aktiv mit einzubeziehen. Die Termine werden auf der Website bekanntgegeben.
 
Weitere Informationen: abrissmoratorium.de
Der offene Brief im PDF-Format: Download