ARCH+KUNST – Karin Sander (DE/EN)

Künstlerpublikationen haben nicht nur eine wichtige Vermittlungsfunktion, sondern sie sind auch oftmals ein eigenständiges künstlerisches Ausdrucksmedium. Bei der Einladung an die Künstlerin Karin Sander, diese monografisch angelegte Ausgabe zu konzipieren, hatten wir uns Impulse von ihrer Arbeitsweise gewünscht, die darin besteht, in die Strukturen von Räumen und Institutionen einzugreifen, um sie zu verändern, neu zu kontextualisieren, anders lesbar und damit auch aneigbar zu machen. Dieses Prinzip der Aneignungsoffenheit hat sie auch auf die ARCH+ angewendet und ein Heft entwickelt, das das Verhältnis von Kunst und Architektur als benachbarte Disziplinen reflektiert.

Beyond their purpose of mediating an artist’s practice, artists’ books are often media of artistic expression in their own right. In extending an invitation to artist Karin Sander to collaborate on this monographic issue, we expressly wanted to be influenced by her practice, which hinges on interventions in the structures of spaces and institutions in order to modify and recontextualize them, offering a new legibility and possibilities of reappropriation. She applied this principle to ARCH+ and devised an issue reflecting on the relation between art and architecture as neighboring disciplines.

Karin Sander und Anh-Linh Ngo im Gespräch mit Beatriz Colomina und Mark Wigley über das Verhältnis von Kunst und Architektur

Karin Sander and Anh-Linh Ngo in conversation with Beatriz Colomina and Mark Wigley on the relationship between art and architecture

Die Geschichte der Moderne, so Brian O’Doherty in seinem berühmten Aufsatz „Inside the White Cube“ (1976),¹ sei so eng mit der Erfindung des White Cube verknüpft, dass wir anhand dessen Veränderungen auch die Veränderungen der Kunst und darin den Wandel der Gesellschaft erkennen – ein nach wie vor aktueller Gedanke.

The history of modernism, Brian O’Doherty suggests in his famous essay “Inside the White Cube” (1976),¹ is so closely bound up with the invention of the White Cube gallery space that changes in the latter reveal how art itself—and by extension society—changes: an idea that is as topical as ever.

Karin Sanders Genie liegt darin, ganz einfache Ideen zu haben, die zu wundersamen Ergebnissen führen. Zumindest scheint die Idee einfach, die Umsetzung ist manchmal ein jahrelanger, technisch hochkomplexer Prozess.

Karin Sander’s genius consists in coming up with simple ideas that lead to fascinating results. At least the ideas appear simple; their realization is sometimes a technically highly complex process that may take years to complete.

Kinder wissen, dass die Dinge vielgestaltig sind. Jedes Objekt kann immer auch ein anderes sein; der Klotz ein Auto, das Kissen eine Mauer, die Küchenrolle eine Rakete.

Children know that things can take many shapes. Every object can always also be something else: the wooden building block can be a car, the pillow a wall, the roll of paper towels a rocket.

Etwas an den Nagel hängen bedeutet etwas endgültig aufgeben: den Job, das Hobby, das Rauchen oder den Traum vom großen Glück. Hat jemand seine Fußballschuhe, seine Uniform, seine Kochmütze, seinen Malerkittel oder seine Gitarre in diesem Sinne erst einmal an den Nagel gehängt, gibt es kein Zurück mehr.

In German, the idiom “to hang something from the nail” means giving it up once and for all: your job, pastime, smoking habit, or dreams. Once your boots, your uniform, your chef’s hat, your painter’s smock, or your fiddle hang from a nail, there’s no going back.

Der Text ist als Antwort auf eine Anfrage von Karin Sander entstanden, die eine an sie gerichtete Frage zur Bedeutung der Fiktion in ihrer Kunst, speziell in den Kitchen Pieces, an mich weitergereicht hat. Dies löste bei mir die Frage nach Autor*innenschaft und Situierung aus: Wer spricht mit welchem politischen und kulturellen Anliegen? In Reaktion darauf habe ich die Frage wiederum an ChatGPT weiterdelegiert, der vorliegende Text ist eine gekürzte und redigierte Antwort von ChatGPT.

NX-22725

* Dank an die absichtslose Inspiration und technische Unterstützung von I. K.

This text was written in response to an inquiry from Karin Sander, who forwarded a question she was asked about the role of fiction in her work, especially in her Kitchen Pieces. It prompted me to reflect on issues of authorship and situatedness: Who speaks with which political and cultural intention? I then decided to delegate the question once again, this time to ChatGPT; the text below is an abbreviated and edited answer by ChatGPT.

NX-22725

* Thanks to the unintentional inspiration and technical support of I. K.

– Gedanken zum Schweizer Pavillon auf der Architekturbiennale 2023 in Venedig

Good fences make good neighbors.

Robert Frost, 1914¹

– Reflections on the Swiss Pavilion at the 2023 Venice Architecture Biennale

Good fences make good neighbors.

Robert Frost, 1914¹

Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, von der Schweiz aus neutral über Neutralität nachzudenken. Zwar ist der Eidgenossenschaft 1815 dieser Status von den europäischen Großmächten aufoktroyiert worden, doch seitdem bietet dieses Land immer wieder Anlass zu der Annahme, dass seine Neutralität Teil eines außerordentlich erfolgreichen Geschäftsmodells ist, für das man sogar in Kauf nimmt, hin und wieder als kalt kalkulierender Pariastaat angesehen zu werden.

A neutral reflection on neutrality is essentially impossible, especially from a Swiss vantage point. The status of neutrality, originally imposed on the Swiss Confederation by the major European powers in 1815, has seemingly become part of an extraordinarily successful business model, for which the country even accepts being seen as a coldly calculating pariah state from time to time.

Karin Sander und Philip Ursprung haben im Schweizer Pavillon anlässlich der Architekturbiennale 2023 in Venedig die Mauer zum Nachbarpavillon buchstäblich aufgelöst. Einer der Ausgangspunkte der künstlerischen Praxis von Karin Sander liegt genau in dieser Geste der Auflösung: von Grenzen, von Gattungen, der Trennung zwischen Kunstwerk und Raum. Die Erfahrung eines existierenden Raumes ist essenziell für die Praxis der Künstlerin; ihr Umgang damit ist jedoch kein statischer: Zeitlichkeit, Prozesshaftigkeit sowie das stete Mitdenken der Präsenz eines Publikums spielen eine große Rolle. Ihre Ausstellungen beginnen erst am Tag der Eröffnung zu leben, sie sind kein fixes Konstrukt, sondern gehen durch kontinuierliche, individuelle Interaktionen ihren Weg. Obwohl es in ihrer Kunst nicht ausdrücklich um Aktionen geht, ist der Ausgangspunkt, die Haltung der Kunst von Karin Sander performativ angesetzt. Die Künstlerin transformiert und verändert je nach Kontext, was sie findet, und nicht selten tut sie dies mit Ironie und Humor.

On the occasion of the 2023 Architecture Biennale in Venice, Karin Sander and Philip Ursprung quite literally dissolved the wall separating the Swiss Pavilion from its neighbor, the Venezuelan one. Sander’s artistic practice often begins with a gesture of dissolution, unraveling dividing lines, genres, or the separation of an artwork and the space it is exhibited in. How one experiences an already existing space has a pivotal function in the artist’s practice. That said, her approach to space is not static, because temporality, processuality, and the constant consideration of the possible presence of an audience are all key here. Her exhibitions first come to life with their opening: They are not fixed constructs but evolve through continuous individual interactions. Although Sander’s art does not overtly hinge on actions, her point of departure and her art’s expression have a performative thrust. Karin Sander transforms and changes what she finds depending on the context that she encounters on site, not infrequently employing irony and humor in the process.

Während ich diese Sätze schreibe, sitze ich im Mudam in Luxemburg, dem einzigen Museum in Europa, das der sino-amerikanische Architekt Ieoh Ming Pei komplett geplant hat.

I am writing these sentences seated in the Mudam Luxembourg, the only museum in Europe where the planning was supervised in its entirety by Chinese-American architect Ieoh Ming Pei.

– Zum Verhältnis von Kunst- und Architekturausstellung

Wird die Architekturwelt es verzeihen, dass der Schweizer Pavillon zur 18. Architekturbiennale in Venedig in die Hände einer Künstlerin und eines Kunsthistorikers gelangte?

– The Relationship between Art and Architecture Exhibitions

Will the architectural world pardon the fact that the Swiss Pavilion at the 18th International Architecture Exhibition in Venice was entrusted to an artist and an art historian?

Wenn Karin Sander Fotos ihrer Kitchen Pieces präsentiert – Früchte und Gemüse, die an eine weiße Wand geheftet sind – entsteht zunächst ein ähnlicher Effekt wie bei Karl Blossfeldts großartigen Aufnahmen von Blättern, Trieben, Stängeln und anderen Pflanzenteilen, die er in den 1920er-Jahren als Fotogravuren im Verlag Wasmuth mit einer Einleitung von Karl Nierendorf unter dem Titel Urformen der Kunst veröffentlicht hat.

When Karin Sander presents photos of her Kitchen Pieces, i.e., fruits and vegetables pinned to a white wall, their effect is at first somewhat akin to the one produced by Karl Blossfeldt’s magnificent photographs of leaves, shoots, stems, and other parts of plants, as in the 1920s publication Urformen der Kunst (Protoforms of Art) with an introduction by Karl Nierendorf.